Stumme Migranten, laute Politik, gespaltene Medien: Berichterstattung über Flüchtlinge
Geschrieben am 14-01-2020 |   
 
 Frankfurt (ots) - 
 
+++ Studie vergleicht erstmals die Berichterstattung über Flucht und  
Migration in 17 Ländern +++ Meinungs- und Perspektivenvielfalt (fast) 
überall gegeben +++ Aber: Unterschiede zwischen Ost- und Westeuropa  
sowie zwischen Medien unterschiedlicher politischer Ausrichtung +++  
Berichterstattung in Deutschland sticht nicht nur quantitativ heraus  
+++ Stiftung und Autoren fordern: Medien in Europa müssen europäische 
Medien werden +++ 
 
Knapp fünf Jahre nach dem Beginn der "Flüchtlingskrise" 2015 spaltet  
der Streit über den Umgang mit Migranten und Flüchtlingen nach wie  
vor die Europäische Union. Auch die Rolle der Medien wird weiterhin  
thematisiert und häufig kritisiert: Haben sie die gesellschaftliche  
Wirklichkeit adäquat wiedergegeben, sind sie ihren  
Informationspflichten nachgekommen? Wurden LeserInnen in Deutschland  
anders informiert als in Ungarn? Gibt es relevante Unterschiede in  
der Berichterstattung zwischen Ländern in Europa und den USA? Welche  
Rolle spielen Migration und Flucht in Russlands Medien? 
 
Diesen und weiteren Fragen geht die Studie "Stumme Migranten, laute  
Politik, gespaltene Medien" nach, die jetzt von der Otto Brenner  
Stiftung veröffentlicht wurde. Die Studienautoren Prof. Dr. Susanne  
Fengler und Marcus Kreutler vom renommierten Erich-Brost-Institut für 
internationalen Journalismus der TU Dortmund vergleichen darin -  
unterstützt von einem internationalen Forschungskonsortium - erstmals 
die Berichterstattung in 16 europäischen Ländern und den USA zu den  
Themen Flucht und Migration.  
 
Das zentrale Ergebnis der Untersuchung, die Berichte zwischen August  
2015 und März 2018 auswertete: Die eine Migrationsberichterstattung  
gibt es nicht, stattdessen prägen markante inhaltliche Unterschiede  
die Medienlandschaft Europas. "Aufgrund unserer Ergebnisse können wir 
von einer doppelten Differenzierung sprechen", so Studienautorin  
Susanne Fengler. Die Studie zeige einerseits, dass deutliche  
Unterschiede zwischen Ost- und Westeuropa bestehen, wobei im Osten  
insgesamt kritischer über Einwanderung berichtet werde. Andererseits  
markiere aber auch die politische Ausrichtung der Medien relevante  
Unterschiede: Linke und liberale Medien thematisieren die Situation  
von Migranten deutlich häufiger als rechte und konservative Zeitungen 
und Online-Nachrichtenportale. "Vor allem der zweite Punkt zeigt,  
dass stereotype Annahmen über Debatten in anderen Ländern fehl am  
Platz sind", so Studienautor Marcus Kreutler weiter, "denn auch in  
Ländern wie Ungarn und Polen und erst recht in Deutschland bekommen  
Leser somit je nach Wahl des Mediums ein unterschiedliches Themen-  
und Meinungsspektrum rund um Flucht, Migration und Asyl geboten." 
 
Allerdings sticht die Berichterstattung in Deutschland in mehreren  
Punkten heraus. In keinem anderen Land - außer Ungarn - wird so viel  
über Migration berichtet. Zudem spielen sich für Deutschland  
Migration und Flucht hauptsächlich im eigenen bzw. ins eigene Land  
ab. Im Gegensatz dazu sind dies in den meisten anderen EU-Staaten  
Auslandsthemen: Es geht um Ereignisse fernab von zu Hause, jenseits  
der eigenen Grenzen. "Dass Migration und Flucht meist als Themen der  
`Anderen´ und nicht als Sache des eigenen Landes dargestellt werden,  
kann ein Grund sein, weshalb eine Lösung der Asyl- und  
Einwanderungsfragen auf europäischer Ebene nicht vorankommt", so Jupp 
Legrand, Geschäftsführer der Otto Brenner Stiftung.  
 
Kritisch sieht Legrand auch, dass die Hauptbetroffenen der  
Migrationsberichterstattung, Migranten und Geflüchtete selbst, meist  
lediglich eine "Statistenrolle" innehaben. Nur in einem Viertel der  
Berichte sind sie die zentralen Akteure und dann hauptsächlich als  
große und anonyme Gruppe. Als Individuen (oder Familien) erkennbar  
sind die Migranten und Flüchtlinge in nur 8 Prozent der Berichte.  
"Wie viele andere Studien stellen auch wir einen starken Fokus auf  
Regierungen als Hauptakteure in der Berichterstattung fest", merkt  
Legrand an und fährt fort: "Es ist fraglich, inwiefern die Medien so  
den berufsethischen Anspruch, eine `Stimme für die Stimmlosen´ zu  
sein, erfüllen können." Wichtig sei in diesem Zusammenhang auch, dass 
nur eine geringe Zahl von Betroffenen in den Artikeln direkt oder  
indirekt zitiert wird, ergänzt Prof. Fengler. Eine bemerkenswerte  
Ausnahme macht die Studie jedoch in den amerikanischen Medien aus, in 
denen weit mehr Migranten und Flüchtlinge dargestellt und auch  
zitiert werden. 
 
In der Gesamtschau ziehen Autoren und Stiftung ein eher skeptisches  
Fazit: Medien in Europa, heißt es im Vorwort der Studie, "müssen noch 
viele Unterschiede abbauen, um zu europäischen Medien zu werden."  
Dabei verweisen sie auch auf Erkenntnisse der Politik- und  
Europawissenschaft: Ein demokratisches Gemeinwesen wird auf Dauer  
nicht ohne eine gemeinsame Öffentlichkeit bestehen können. 
 
Susanne Fengler/Marcus Kreutler: "Stumme Migranten, laute Politik,  
gespaltene Medien. Die Berichterstattung über Flucht und Migration in 
17 Ländern", OBS-Arbeitspapier 39, Frankfurt am Main, Januar 2020 
 
Zur Informationsseite zum OBS-Arbeitspapier 39:  
http://ots.de/5hh9En 
 
Pressekontakt: 
 
Otto Brenner Stiftung 
Geschäftsführer 
Jupp Legrand 
Telefon: 069 - 6693 2810 
E-Mail: info(at)otto-brenner-stiftung.de 
 
Autorin: 
 
Prof. Dr. Susanne Fengler 
Erich-Brost-Institut für internationalen Journalismus 
Telefon: 0231 - 755 4152 
Mobil: 0179 - 203 931 4 
E-Mail: susanne.fengler@tu-dortmund.de 
 
Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/106578/4491260 
OTS:               Otto Brenner Stiftung 
 
Original-Content von: Otto Brenner Stiftung, übermittelt durch news aktuell
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