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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zu Range/Landesverrat: Verräter der Freiheit von Bernhard Fleischmann

Geschrieben am 31-07-2015

Regensburg (ots) - Es ist nicht zu fassen: Die Ermittlungsbehörden
sprechen von Landesverrat! Ein Wort, das als Waffe benutzt wird, um
unliebsame Menschen mundtot zu machen und/oder lange wegzusperren.
"Verräter" schreien gemeinhin zuallererst Mitglieder geschlossener
Zirkel, die absolutistische Züge aufweisen. Den Vorwurf des
Landesverrats umweht die unselige Tradition, sich gegen Menschen zu
richten, die den Mut aufbringen, Missstände aufzudecken. Die Regime
in China und Russland nutzen dieses Instrument gerne. Deutschland nun
also auch nach langer Zeit einmal wieder. Glückwunsch. Damit reihen
wir uns ein in eine Galerie, in die wir definitiv nicht hingehören
wollen. Die Ermittlungen gegen zwei Redakteure von netzpolitik.org
sind hanebüchen. Das schwant offenbar nun auch dem
Generalbundesanwalt Harald Range selbst, der am Freitag - vielleicht
auch wegen des gewaltigen Proteststurms - die Ermittlungen auf Eis
legte. Was ist Landesverrat? Ein Blick auf die Definition:
"Landesverrat begeht, wer ein Staatsgeheimnis einer fremden Macht
(...) mitteilt oder (...) oder öffentlich bekanntmacht, um die
Bundesrepublik Deutschland zu benachteiligen oder eine fremde Macht
zu begünstigen, und dadurch die Gefahr eines schweren Nachteils für
die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland herbeiführt."
Was hat netzpolitik.org Geheimnisvolles veröffentlicht? Dass der
Verfassungsschutz eine Abteilung aufgebaut hat, um künftig die
Sozialen Netzwerke zu überwachen. Aha. Deshalb soll die Sicherheit
der Bundesrepublik in Gefahr geraten? Der Vorwurf ist lächerlich. So
lächerlich, dass der Vorfall sogar Bewegung in die Diskussion bringt,
inwieweit Journalisten mit Veröffentlichungen überhaupt Landesverrat
begehen können. Justizminister Maas deutete prompt an, dass bei
diesem Thema Reformbedarf besteht. Zeit wird es. Mit den Ermittlungen
hat Range höchst selbst Verrat begangen: an der Pressefreiheit, an
unserem Verständnis eines offenen Umgangs mit Informationen. Er
beschädigt das Bild der deutschen Geheimdienste - so weit das noch
möglich ist - und das Bild Deutschlands als Land mit einer fairen
Justiz. Die Ermittlungen zeigen deutlich, in welch schwacher
Verfassung Range sowie Verfassungsschutz und BND sich befinden. Je
angeschlagener jemand ist, umso heftiger und zielloser schlägt er um
sich. Es ist niemandem plausibel zu erklären, dass das Handy der
Bundeskanzlerin jahrelang und systematisch abgehört wird und diese
Tat keine juristischen Folgen haben soll. Weitere
Regierungsmitglieder wurden bespitzelt - keine ernsthafte Reaktion.
Es liegen handfeste Indizien für Industriespionage vor, was zum
Beispiel Airbus ganz offen beklagt hat. Der "Spiegel" wurde vom CIA
abgehört. Das alles wusste die Bundesregierung. Sie hielt es aber
nicht für angebracht, angemessen tätig zu werden. Im Gleichklang dazu
verhält sich der Generalbundesanwalt. Es gab und gibt eine Vielzahl
von Informationen, die darauf schließen lassen, dass Beweise für die
Spitzelaktionen der NSA zu finden sein dürften. Die Medien sind voll
davon. Der Generalbundesanwalt gibt in dem Komplex keine gute Figur
ab. Da hilft auch der eilige Rückzieher am Freitag kaum. Die
Bundesregierung hat durch die Aussagen des Justizministers klar
gemacht, dass ihr bewusst wurde, was für ein Schaden dem Rechtsstaat
mit dem Vorgehen gegen netzpolitik.org zugefügt würde. Das ist
löblich. Skandalös aber ist, dass sie nach wie vor nicht bereit ist,
gegen die echten Spione vorzugehen, die unserem Land nachhaltig und
nachweislich Schaden zufügen.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


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