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Lausitzer Rundschau: Kanzleramt der Lobbyisten Pofalla und die Folgen - dürfen Politiker in die Wirtschaft gehen?

Geschrieben am 05-01-2014

Cottbus (ots) - Auch für Politiker gilt die grundgesetzlich
garantierte Freiheit der Berufswahl. Und Unternehmen dürfen
einstellen, wen sie wollen. Die Spielräume für
Gesetzesverschärfungen, wie sie im Zusammenhang mit dem Fall Ronald
Pofalla diskutiert werden, sind tatsächlich also wohl eng. Außerdem
werden in der Debatte unterschiedliche Fälle miteinander vermischt.
Wenn ein Unternehmen wie Bilfinger sein operatives Geschäft einem
ehemaligen Ministerpräsidenten wie Roland Koch anvertraut, dann, weil
es an dessen Managementfähigkeiten glaubt, nicht wegen
Vetternwirtschaft. Gleiches gilt für Ulrich Wilhelm als
Fernsehintendant und Jens Weidmann als Präsident der Bundesbank.
Trotzdem gibt es natürlich auch hier den Verdacht einer Verquickung.
Regierungen treffen Entscheidungen, ihre Mitglieder können Firmen
direkt und vor allem indirekt begünstigen. Haben die Betreffenden
schon zu Amtszeiten auf den neuen, meist viel besser dotierten Job
geschielt? Die Vermischung zwischen Amtspflichten und
wirtschaftlichen Interessen ist besonders nahe liegend, wenn es sich
um den Wechsel eines Regierungsmitgliedes in eine reine Lobbyfunktion
handelt, und wenn er direkt aus dem Amt heraus erfolgt. Das betraf
das Engagement von Altkanzler Gerhard Schröder bei Gazprom. Das
betrifft aktuell Angela Merkel. Schon drei ihrer Staatsminister -
Hildegard Müller als oberste Lobbyistin der Energiewirtschaft, Eckart
von Klaeden für Daimler und jetzt Ronald Pofalla für die Bahn - sind
diesen Weg gegangen oder haben es vor. Der Hinweis des Kanzleramtes,
Pofalla sei ja im Dezember aus der Regierung ausgeschieden, man habe
mit ihm quasi nichts mehr zu tun, ist allzu tricky. Ist die Pforte
des Kanzleramtes in Wirklichkeit eine Drehtür für Lobbyisten? Bildet
sich da eine vernetzte Clanstruktur um die Regierungschefin, in der
man sich kennt, schätzt und nicht vergisst, wenn es darauf ankommt?
Das ist der böse Schein. Es gibt nur einen legalen Ausweg: die
Karenzzeit. Also das Verbot für Regierungsmitglieder vor Ablauf einer
Frist von zum Beispiel zwei Jahren nach dem Ausscheiden eine
Tätigkeit in einem Unternehmen aufzunehmen, mit dem man direkt oder
indirekt befasst war. Eine beim Bundespräsidenten angesiedelte
Kommission sollte in jedem Einzelfall entscheiden, ob Gründe für eine
Ausnahme vorliegen - was bei Roland Koch sicher der Fall gewesen
wäre. Aber von Klaeden hätte dann gleich nach seiner
Vertragsunterzeichnung das Kanzleramt verlassen und warten müssen,
ebenso müsste es nun Pofalla. Da der Wert politischer Kontakte
schnell verfällt, würde eine solche Karenzzeit auch dafür sorgen,
dass derartige Wechsel künftig seltener werden. Von der Union und
ihrer Chefin Angela Merkel darf man angesichts der Vorgeschichte
keine Einsicht erwarten, wohl aber von der SPD. Sie hat die
Karenzzeit in ihrem Wahlprogramm versprochen, sie hat die Ankündigung
einer Regelung im Koalitionsvertrag durchgesetzt. Nun sollte sie
ernst machen. Sigmar Gabriels Ministeriumsvertreter hat im
Aufsichtsrat der Bahn die Möglichkeit, der Personalie Pofalla so
lange zu widersprechen, bis die Sache befriedigend geregelt ist. Oder
stecken die Sozialdemokraten schon mit drin im Clan?



Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de


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