Vom Acker an den Pranger / Die deutschen Bauern sind sauer - zu Recht. Sie halten gerade für viele Fehlentwicklungen den Kopf hin. Die Politik setzt falsche Anreize. Von Claudia Bockholt
Geschrieben am 17-12-2019 |   
 
 Regensburg (ots) - Einige CDU-Mitglieder erinnerten sich gegen Ende des  
Parteitags in Leipzig doch noch an eine vergessene Klientel: Bauern. "Es geht um 
Familien, die unsere Dörfer prägen, Familien, die für unser tägliches Brot  
stehen", mahnte Vize-Fraktionsvorsitzende Gitta Connemann. Landwirte waren auch  
stets treue Unionswähler: 60 Prozent für die CDU, für die CSU sogar 66 Prozent.  
Umgekehrt können sich Landwirte nicht mehr zu jeder Zeit auf die Union  
verlassen. Gerade fuhren wütende Bauern auf Treckern nach Berlin. Die Politiker  
ernten Zorn, den sie selbst gesät haben. Im Bemühen, die Stimmungslage pro  
Natur- und Klimaschutz aufzugreifen und den raketenhaften Aufstieg der Grünen zu 
bremsen, ließen sie es zu, dass die Agrarwirtschaft für praktisch alles  
herhalten muss, was seit Jahren falsch läuft. Zu schnell, zu extensiv, zu  
billig: Diese Fehlentwicklung, die den so gern im Mund geführten Anspruch der  
"Nachhaltigkeit" ad absurdum führt, gibt es aber in vielen Branchen. Kleidung  
ist zur Centware geworden. Für 26 Euro fliegt man zum Wochenend-Shopping nach  
Rom. Die Nachfrage regelt das Angebot. Kritik an den Verhältnissen ist  
selbstverständlich erlaubt: Angesichts der Tatsache, dass die Landwirtschaft für 
nur 1,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der Europäischen Union sorgt, darf man 
fragen, wieso 37 Prozent des Budgets für Subventionen draufgehen. Und man sollte 
dringend fragen, ob die Unterstützung bei denen ankommt, die sie brauchen. 300  
000 Euro erhielt 2018 zum Beispiel der Regensburger Multimillionär und  
Großgrundbesitzer Albert von Thurn und Taxis. Da findet offensichtlich Förderung 
mit der Gießkanne statt. Unter den 15 größten Subventions-Empfängern ist  
jedenfalls kein einziger Landwirt. Die Nachkriegs-Hungerjahre in Europa, unter  
deren Eindruck das umfassende Fördernetz einst gespannt wurde, sind lange  
vorbei. Niemand darbt, vielmehr sind die meisten zu dick. Heute geht es darum,  
nicht den Boden zu zerstören, auf dem gesundes Essen wachsen kann. Gäbe es die  
Subventionen nicht, wäre der Umstieg auf ökologische Landwirtschaft für viele  
Bauern gar nicht zu stemmen. Doch oft genug wurden und werden falsche  
Förder-Anreize gesetzt. Biogas zum Beispiel war zur Jahrtausendwende die große  
Hoffnung der grünen Energiewende und wurde großzügig unterstützt. Die Folge:  
Deutschland vermaiste. Wo gelbe Monokulturen entstanden, verschwanden all die  
Insekten und Kleinstlebewesen, die wir heute so schmerzlich vermissen. Über den  
Naturschutz-Debatten unserer Zeit schwebt eine romantische Vision vom ländlichen 
Idyll, von glücklichen Kühen, pickenden Hühnern und gesunder Vollwertkost. Eine  
Vision, die ironischerweise vor allem von der Stadtbevölkerung beschworen wird.  
Doch die heutige Welt ist komplex, das Ursache-Wirkung-Geflecht schwer zu  
durchschauen. Da sucht man gerne nach einfachen Lösungen. Die Landwirte in  
Deutschland mit immer mehr Vorschriften zu überfordern, ist keine. Dass noch  
mehr kleinere Betriebe aufgeben, kann unmöglich das Ziel sein. Wer die  
Landwirtschaft aus Deutschland verdrängt, treibt den Teufel mit dem Beelzebub  
aus. Er holt sich fragwürdige, ja unappetitliche Importe auf den Tisch. Wir  
wollen, dass Tiere artgerecht gehalten werden? Unseren Hunger auf gesundes,  
eiweißreiches Hähnchenbrustfilet stillt bereits zu einem Viertel das ferne  
Ausland, im vergangenen Jahr vor allem Thailand. Wie Gockerln dort gehalten  
werden, will man sich lieber nicht vorstellen. Ein großer Teil des Bio-Gemüses,  
das wir im Supermarkt supergünstig kaufen, wächst in Spanien unter Ausbeutung  
der Grundwasserreserven, gepflückt zu Billiglöhnen von rechtlosen Migranten.  
Vielerorts werden Dünger eingesetzt, die bei uns im Ökolandbau nicht zulässig  
sind. Ach ja: Auch diese Betriebe erhalten EU-Subventionen. All das sollte  
bedenken, wer unsere Landwirte als Sündenböcke an die Klippen treibt. Wenn sie  
zerschmettert unten liegen, sind unsere Probleme noch da. 
 
Pressekontakt: 
 
Mittelbayerische Zeitung 
Redaktion  
Telefon: +49 941 / 207 6023 
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