| | | Geschrieben am 25-06-2018 Mittelbayerische Zeitung: Fremder Stolz / Der größte Teil der bei uns lebenden Türken ist gut integriert. Nicht alle sind Erdogan-Fans - und viele sind es nur aus Trotz. Von Claudia Bockholt
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 Regensburg (ots) - Nach der Wahl in der Türkei ist die Empörung
 hierzulande groß: Zwei Drittel der in Deutschland lebenden Türken
 haben Recep Tayyip Erdogan ihre Stimme gegeben, wird landauf, landab
 berichtet. Aus anderen EU-Staaten hört man ähnliche Zahlen.
 Integration völlig gescheitert, lautet das ernüchterte Fazit. Aber
 stimmt das wirklich? Der Grünen-Politiker Cem Özdemir erklärt markig,
 dass alle Türken, die den Wahlsieg Erdogans wie ein gewonnenes
 WM-Finale gefeiert haben, "zugleich ihre Ablehnung unserer liberalen
 Demokratie" ausgedrückt hätten. "Wie die AfD eben." Das Urteil über
 ein paar Fahnenschwenker und gleichzeitig hunderttausende Wähler ist
 im Handstreich gefällt. Man muss aber genauer hinschauen. Fast drei
 Millionen Menschen mit türkischen Wurzeln oder aus der Türkei
 Zugewanderte leben bei uns. Nur die Hälfte von ihnen war
 wahlberechtigt, und wiederum nur die Hälfte der Wahlberechtigten hat
 abgestimmt. Am Ende heißt das: Weniger als eine halbe Million Türken
 hat für die AKP gestimmt. Das lässt zumindest die Möglichkeit offen,
 dass weit über zwei Millionen in Deutschland lebende Türken
 beziehungsweise Türkischstämmige keine Erdogan-Anhänger sind. Und
 wenn sie es wären? Wer sind wir, mal schnell aus dem Handgelenk den
 Stab über sie, ihre Gefühle, ihre Gedanken zu brechen? Dass gerade in
 der Fremde - das Deutsche hat dafür das treffende Wort - die eigenen
 Wurzeln gehegt, mitunter sogar ein extrovertierter Patriotismus
 gepflegt wird, ist nichts, was die Türken allein auszeichnet. Wir
 kennen es zum Beispiel auch von den Russlanddeutschen, die sich auch
 in der zweiten hier lebenden Generation in Communitys zusammenfinden,
 teils eigene Stadtteile bilden. Viele von ihnen schauen bevorzugt den
 staatlichen Sender Russia 24 und sind glühende Putin-Verehrer. Die
 Asiaten tun es, und die Deutschen tun es auch. Nur halten wir es für
 putzige, leicht verschrobene Sentimentalität, wenn Amerikaner, deren
 Vorfahren vor 350 Jahren ihr Heil auf der anderen Seite des Atlantik
 suchten, bis heute deutsche Bierfeste feiern und in geselliger Runde
 "Am Brunnen vor dem Tore" anstimmen. Fun fact: Die
 "Deutschamerikaner" sind die größte ethnische Gruppe in den USA.
 Vermutlich haben viele dieser 45 Millionen Donald Trump gewählt. Was
 sagt das über den Stand ihrer Integration aus? Nichts. Natürlich:
 Eine Türkei unter Erdogan ist kein ernstzunehmender
 EU-Beitrittskandidat. Man muss die Entwicklung kritisch begleiten.
 Doch die andauernde Kritik an Erdogan, die pauschale Verurteilung der
 Türkei als Unrechtsstaat, begleitet von einer an Heiligenverehrung
 erinnernden Begeisterung für den Journalisten Denis Yüzel, wird viele
 hier lebende Türken, die sich ihrer Heimat eng verbunden fühlen,
 angestachelt haben: Jetzt erst recht! Und nicht zu Unrecht werfen sie
 uns Bigotterie vor. Sie sagen: Ihr schimpft auf Erdogan, seid aber
 sehr damit einverstanden, dass er Euch die Flüchtlinge vom Leib hält.
 Türken leben und arbeiten bei uns, bauen fleißig Häuser und Geschäfte
 auf, ziehen Kinder groß. Viele Enkelkinder von einst aus Anatolien
 eingewanderten Analphabeten sind heute Akademiker. Die meisten Türken
 sind sehr gut integriert. Alle Kritiker, die jetzt nach der
 Türkei-Wahl etwas anderes behaupten, meinen gar nicht Integration.
 Sondern sie fordern von Zugewanderten Assimilation. Damit überfordern
 sie die Menschen. Und - noch schlimmer - sie signalisieren mit einer
 gehörigen Portion Arroganz: Wir hier auf der richtigen Seite wissen
 es besser als Ihr dort drüben auf der falschen. Das schafft Distanz -
 der denkbar schlechteste Weg, Gräben zu überwinden und Integration
 gelingen zu lassen.
 
 
 
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 Mittelbayerische Zeitung
 Redaktion
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einem Scherbenhaufen. Dass dieses Szenario die CSU stärkt, ist kaum  
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