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BAMF-Affäre: Angaben vom Hörensagen

Geschrieben am 08-06-2018

Hamburg (ots) - Bei den Ermittlungen gegen die ehemalige
BAMF-Amtsleiterin Ulrike B. und die weiteren fünf Beschuldigten im
Bremer-Asylskandal spielen nach Recherchen von NDR und SZ
Zeugenangaben vom Hörensagen und Informationen eines Journalisten
eine erhebliche Rolle. Der Reporter ist ein Mitarbeiter von Radio
Bremen, der Sender ist an den Recherchen beteiligt.

Innerhalb der Bremer Justiz gab es nach den Recherchen
unterschiedliche Auffassungen, ob die Erkenntnisse der Ermittler
überhaupt ausreichen, um Hausdurchsuchungen bei den Beschuldigten zu
rechtfertigen.

Das Amtsgericht Bremen hatte die Anträge der Staatsanwaltschaft
auf Hausdurchsuchungen bei drei in den Skandal mutmaßlich
involvierten Anwälten zunächst abgelehnt. Rechtsanwälte genießen
einen höheren Vertrauensschutz. Die Hürden für Durchsuchungsmaßnahmen
sind höher.

Die Staatsanwaltschaft legte gegen den Beschluss des Amtsgerichtes
Beschwerde beim Landgericht ein. Die höhere Instanz entschied, dass
nun doch bei zwei Anwälten Hausdurchsuchungen stattfinden durften.
Die Durchsuchung bei dem dritten Anwalt wurde nicht genehmigt. "Das
ist ein normaler Vorgang, überhaupt nicht ungewöhnlich" sagte Frank
Passade von der Staatsanwaltschaft Bremen.

Aus den Durchsuchungsbeschlüssen, die NDR und SZ zum Teil einsehen
konnten, geht hervor, worauf die Staatsanwaltschaft ihren Verdacht
gegen die Bremer BAMF-Leiterin Ulrike B. und die anderen fünf
Beschuldigten stützt: zum einen auf die Ergebnisse der internen
Revision des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und zum
anderen auf Angaben des Journalisten, die auf Hörensagen beruhen und
zunächst in keinem Zusammenhang zu der Amtsleiterin und den
Rechtsanwälten standen.

Bei dem Journalisten handelt es sich um einen Mitarbeiter von
Radio Bremen, der 2016 über die Flüchtlingskrise berichtet hatte.

Radio Bremen erklärte dazu, der Mitarbeiter habe zu dem Zeitpunkt,
als besonders viele Flüchtende Deutschland erreichten, Asylsuchende
an der BAMF-Außenstelle befragt. In einem Interview bekam er einen
Hinweis auf kriminelle Machenschaften. Ein "Vermittler", so hieß es,
könne dafür sorgen, dass Asylanträge schneller bearbeitet würden -
gegen Zahlung von 500 Euro. Dieselbe Geschichte erzählten weitere
Flüchtlinge. Radio Bremen erklärte weiter, man habe sich dann im
Rahmen der Recherche an Ombudspersonen des Bundesamtes für Migration
und Flüchtlinge gewandt. Die wiederum schalteten die
Staatsanwaltschaft Bremen ein. Dann, so Radio Bremen weiter, habe man
in einem vertraulichen Kontakt mit der Justizbehörde den Sachverhalt
geschildert. Eine offizielle Aussage habe es nie gegeben, der Name
des Zeugen sei aus Quellenschutzgründen nicht genannt worden.

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft blieben ergebnislos. Im
Sommer 2016 stellte die Behörde das Verfahren ein. Ein Jahr später
stellte das BAMF im November 2017 eine Strafanzeige gegen Unbekannt.
Hintergrund war ein gefälschter Asylbescheid, der in der Außenstelle
Gießen aufgetaucht war und der den Namen der Bremer BAMF-Leiterin
Ulrike B. trug. Unter dem Eindruck dieser neuen Vorwürfe bewertete
die Staatsanwaltschaft die Angaben aus dem Jahr 2016 neu. Und obwohl
die Namen der Rechtsanwälte und der Amtsleiterin in dem alten
Verdachtsfall nicht aufgetaucht waren, fand der alte Fall nun Eingang
in das neue Verfahren.

Obwohl es anonyme Aussagen seien, rechtfertige der von dem
Journalisten geschilderte Sachverhalt eine Durchsuchung, so die
Staatsanwaltschaft. Zumal mit dem Bericht der internen Revision des
BAMF und weiteren Zeugenaussagen zusätzliche Indizien auf eine
mögliche strafbare Handlung hindeuten.

In den Beschlüssen zu den Hausdurchsuchungen wird ein weiterer
Zeuge benannt. Er soll 2016 auf einer niedersächsischen
Polizeidienststelle angegeben haben, Flüchtlinge hätten ihm von
Dolmetschern erzählt, die Daten von Asylsuchenden für 500 Euro
manipulieren könnten. Wie bei dem Journalisten waren das lediglich
Angaben vom Hörensagen. Der Zeuge soll bei seiner Aussage den Namen
der Bremer BAMF-Leiterin Ulrike B. genannt haben. Genaueres ist nicht
bekannt. Daraufhin prüfte die Staatsanwaltschaft Bremen die
Einleitung eines Verfahrens. Aber der Mann hatte sich mittlerweile
entschlossen, keine offiziellen, verwertbaren Angaben mehr zu machen.
Die Akte wurde geschlossen. Zwei Vorgänge vom Hörensagen, zwei
geschlossene Akten aus dem Jahr 2016 - zwei Jahre später werden sie
wieder aufgemacht und sind Teil der Begründung einer umfangreichen
Durchsuchungsaktion. "Wir halten es für möglich, dass diese
Sachverhalte miteinander in Beziehung stehen könnten", sagt Frank
Passade von der Staatsanwaltschaft Bremen.



Ansprechpartner für Rückfragen:
Christine Adelhardt
Tel: 040 4156 6151 oder 0171 5445547

Original-Content von: NDR Norddeutscher Rundfunk, übermittelt durch news aktuell


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