Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Merkels Wutrede
Geschrieben am 17-11-2014 |   
 
 Bielefeld (ots) - Die Bundeskanzlerin warnt vor einem Flächenbrand 
in Europa, wenn das russische Hegemonialstreben nicht aufhört. Sie  
signalisiert Wladimir Putin, dass ihre Geduld erschöpft ist. 
 
   Soviel Klartext ist bei Angela Merkel selten, so deutliche Wut und 
wohl auch Enttäuschung über den Russen auch. Weder ihr dreieinhalb  
Stunden langes Vier-Augen-Gespräch in Australien noch die 40  
Telefonate und vielen direkten Kontakte mit Putin seit der  
Krim-Annexion haben Fortschritte gebracht. Er bleibt stur auf  
Aggressions- und Expansionskurs. Dabei kennt kein europäischer  
Staats- oder Regierungschef den russischen Präsidenten besser. 
 
   Deshalb muss sich Merkel mehr als andere von dessen  
Unbelehrbarkeit verletzt und auch für dumm verkauft vorkommen. Das  
dürfte ein weiterer Grund für die klaren Worte vom anderen Ende der  
Welt sein. Noch ist die historische Dimension der Sydney-Rede nicht  
abschätzbar, aber vieles erinnert an George F. Kennan 1947. Der  
damalige US-Diplomat kabelte eineinhalb Jahre nach dem Ende des  
Zweiten Weltkriegs nach Washington, dass sich der bisherige  
Verbündete wieder gegen die westliche Welt stelle. Die Politik der  
UdSSR wurzele in einer historischen Paranoia, demokratische  
Strukturen seien Moskau zuwider, ließ Kennan wissen. Monate später  
erschien das streng geheime 8000 Worte zählende Telegramm in »Foreign 
Affairs« angeblich aus der Feder eines anonymen »Mister X«. Die  
Veröffentlichung des Textes gilt als Urstunde des Kalten Krieges.  
Merkel spricht dagegen mit weit offenem Visier. Sie rät im Gegensatz  
zu Kennan auch nicht zur Eindämmung der russischen Aggression. Das  
könnte daran liegen, dass damals schon das Originalwort »Containment« 
als Aufforderung zu militärischem Vorgehen bewusst und gern falsch  
verstanden wurde. 
 
   Kein westlicher Staatschef hat bislang Putin so deutlich die  
Leviten gelesen und sein Ego so direkt attackiert. Nie zuvor hatte  
Merkel die Einflussversuche Russlands auf viele Schwarzmeeranlieger  
und den westlichen Balkan so sehr öffentlich gegeißelt. Deshalb  
markiert ihre Sydney-Rede einen Wendepunkt in der Wahrnehmung der  
russichen Föderation in der Welt. 
 
   Deutschland fällt die Führungsrolle im Umgang mit Russland zu.  
Deshalb wird Merkel auch nicht der Frage ausweichen können, zu  
welchem Umgang mit Russlands Expansionsgelüsten sie denn rät. 
 
   Militärische Schachzüge kommen für Deutschland und dessen  
Verbündete nicht infrage. Still zuschauen ist aber auch keine Lösung, 
noch nicht einmal Diplomatie. Die Wirtschaftssanktionen sind  
ausgereizt und bei aller Isolierung Putins muss eine Tür zur  
Verständigung offen bleiben. 
 
   Hier hat Merkel, genauso wenig wie George Kennan 1947 eine Lösung  
anzubieten, außer dem Rat zu noch mehr Geduld. Das ist und bleibt  
unbefriedigend. 
 
 
 
Pressekontakt: 
Westfalen-Blatt 
Nachrichtenleiter 
Andreas Kolesch 
Telefon: 0521 - 585261
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