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LVZ: SPD im Schraubstock

Geschrieben am 21-05-2007

Leipzig (ots) - Von Bernd Hilder
Kurt Beck kämpft um seine politische Zukunft. Als blasser SPD-Chef
demonstriert er bisher kaum wahrgenommene Stärke und reduziert die
Zahl seiner Stellvertreter auf übersichtliche drei. Das strafft die
Parteihierarchie und erhöht die politische Schlagkraft der von
Umfragetiefs gequälten Genossen. Theoretisch jedenfalls. Denn ob
Becks Schachzug in der Praxis zu einem Wiederaufstieg der
regierungslahmen und reformmüden SPD führt oder doch nur zu neuen
Querelen und Debatten über den richtigen Kurs, ist noch längst nicht
ausgemacht. Ausgerechnet wegen der chronischen Schwäche ihres
angeschlagenen Vormanns wollte und konnte sich kein Ausgebooteter,
wie Sachsen-Anhalts Jens Bullerjahn, und kein zu kurz gekommener
Möchtegern-Vize wie Sigmar Gabriel oder Klaus Wowereit, lautstark
querstellen.
Dass nun kein Ostdeutscher mehr auf dem Olymp der Sozialdemokratie
hockt, könnte die Partei 18 Jahre nach dem Fall der Mauer vielleicht
verkraften. Wenn da nicht die Linkspartei wäre, die sich nun über
Becks strategischen Patzer wie Bolle freuen darf. Ausgerechnet dort,
wo die SPD von den aufstrebenden Linkspopulisten am stärksten bedroht
ist, wird die Partei-Spitze in Zukunft nicht mehr so genau
hinschauen. Anders als von Bullerjahn pflichtschuldig und demütig
behauptet, ist das angeblich aufgewertete Ost-Forum der SPD kein
gleichwertiger Ersatz für den verlorenen Vize-Posten. Im Forum sind
Ost-Politiker unter sich, wirken im Stuhlkreis, aber kaum
gesamtdeutsch. Wenn Bullerjahn schönfärberisch hervorhebt, man sei in
den SPD-Gremien übereingekommen, den Aufbau-Ost besonders in den
westlichen Landesverbänden besser zu kommunizieren, dann darf man
angesichts der wachsenden Klagen dort über Ost-Subventionen auf
konkrete Ergebnisse gespannt sein. In Becks SPD haben die
Bullerjahns, Matschies, Tiefensees und Jurks weniger Einfluss denn
je.
Auch nach der Neusortierung der Spitze bleibt Becks SPD eingeklemmt
im parteipolitischen Schraubstock. Linksaußen drückt die Linkspartei,
von der Mitte rückt die Merkel-CDU bei gleichzeitiger Verwirrung
bürgerlicher Wählerschichten ebenfalls nach links. Zudem spürt die
SPD-Basis die große Koalition als Mühlstein am Fußgelenk. Rot-grüne
Retro-Phantasien, beflügelt vom Bremer Koalitionswechsel, greifen um
sich, während Beck vorerst vor einem Koalitionsbruch zurückschreckt.
Aus diesem Dilemma kann sich die SPD nur befreien, wenn sie einen
schmerzlosen Fluchtweg aus der großen Koalition findet und wieder den
Chefsessel im Kanzleramt besetzen kann. Dass sie nach den nächsten
Wahlen stärker als die CDU sein könnte, ist derzeit äußerst ungewiss.
Gleichzeitig weisen Wahlergebnisse und Umfragen auf eine strukturelle
linke Mehrheit in Deutschland. Das ist die ständige Versuchung der
SPD, gebremst derzeit fast nur noch von einem ehemaligen
Sozialdemokraten: dem Fundamental-Populisten Oskar Lafontaine.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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