(Registrieren)

WAZ: Guttenberg und die Opel-Rettung - Eine Frage der Staatsräson - Leitartikel von Frank Stenglein

Geschrieben am 01-06-2009

Essen (ots) - Politik heißt, Dinge durchzusetzen. Wenn ein
Politiker dabei noch eine gute Figur macht - umso besser für ihn. Im
Fall des Wirtschaftsministers zu Guttenberg verhält es sich
umgekehrt. Sein einsamer Kampf gegen die übermächtige Neigung, den
Staat als Generalunternehmer aufzupumpen, ist aller Ehren wert,
verschafft Guttenberg Profil und wachsende Zustimmung in der
Öffentlichkeit. Das Wirtschaftsressort kann sich wieder an einem
Vorsteher aufrichten, der energisch für einen marktwirtschaftlichen
Ordnungsrahmen eintritt. Durchgesetzt allerdings, und das ist
Guttenbergs Problem, haben sich im Fall Opel andere - und schlimmer:
Alle wussten es vorher. Eine Niederlage mit Ansage.

Kann sich ein Minister so etwas leisten? Sicher nicht allzu oft,
sonst wird er zur Witzfigur. Guttenberg selbst weiß um die Gefahr für
seine Glaubwürdigkeit, nicht zufällig hat er seinen Rücktritt
erwogen. Die entscheidende Frage ist aber: Soll es in der Union und
in der deutschen Politik niemanden von Belang mehr geben dürfen, der
auf die Bremse tritt, wenn der Staat sich zu übernehmen droht? Doch,
das muss möglich sein. Eine Stimme wie die von Guttenberg ist
wichtig, auch wenn die Grenze zum folgenlosen Mahnen fließend ist.

Die SPD mag versuchen, aus dem CSU-Mann einen neoliberalen Popanz
zu machen, wie sie es einst beim "Professor aus Heidelberg" alias
Paul Kirchhof schaffte. Das alte Schlachtross Gerhard Schröder hat
schon mal die Melodie vorgegeben, als er Guttenberg in bewusster
Analogie als "Baron aus Bayern" titulierte, um mit dem Adelstitel
Ressentiments hervorzukitzeln. Ganz so einfach wird es diesmal aber
wohl nicht gehen. Dass das Geld der Steuerzahler für Zwecke
ausgegeben wird, für die es eigentlich nicht gedacht ist und für
Operationen, deren Erfolg ungewiss bleibt, weckt bei vielen Bürgern
berechtigtes Unbehagen, und zwar über Parteigrenzen hinweg.

Dennoch: Es wäre unpolitisch, Angela Merkel Versagen vorzuwerfen.
Gegen die SPD und gegen die staatsinterventionistische Stimmung in
der eigenen CDU zu arbeiten - das wäre etwas viel verlangt von einer
Fachfrau für Pragmatismus. Selbst die Einwände der FDP wirken ja matt
und seltsam pflichtschuldig. Das zeigt, wie sehr die Opel-Rettung zur
Frage der Staatsräson wurde - weitere Fälle dieser Art dürften
folgen. Die Fortsetzung der Großen Koalition ist seit der Opel-Nacht
ein gutes Stück wahrscheinlicher. SPD plus Union minus Guttenberg
sind sich ungeachtet rhetorischer Spielchen selten näher gewesen.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

206481

weitere Artikel:
  • RNZ: Taten zählen - Kommentar zur Rede Obamas in Kairo Heidelberg (ots) - Von Christian Altmeier Das Verhältnis zum Islam gehört zu den wichtigsten Herausforderungen der westlichen Außenpolitik. Die Gefahr des Terrorismus, der nach wie vor überlebensnotwendige Zugang zum Öl und der Frieden im Nahen Osten sind nur einige der Punkte, die von diesem Verhältnis bestimmt werden. Dementsprechend groß sind die Erwartungen an Barack Obamas Rede in Kairo, mit der er die Beziehungen auf eine neue Grundlage stellen will. Mit seiner Nahostpolitik hat der US-Präsident zumindest günstige Voraussetzungen mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema Opel und Karstadt: Bielefeld (ots) - Erst die Banken, jetzt Opel und morgen Karstadt? Der Staat greift immer häufiger in das Wirtschaftsgeschehen ein. Er gewährt Bürgschaften, gibt Milliardenkredite und stellt sich in der Öffentlichkeit gern als Retter dar. Doch zu welchem Preis? Es ist Wahlkampf. Jede Stimme zählt. Union und SPD versuchen beide aus der vermeintlichen Opel-Rettung Kapital zuschlagen. Bekanntes Beispiel ist der Fall Philipp Holzmann. Altkanzler Gerhard Schröder »rettete« den Baukonzern im Jahr 2000, zwei Jahre später kam doch das Aus. Auch mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das Westfalen-BLatt (Bielefeld) zum Thema Klimaschutz: Bielefeld (ots) - Ernstzunehmende Wissenschaftler mahnen seit Jahren eindringlich, dass der Klimawandel schnell gestoppt werden muss, um die absehbaren schlimmen Folgen für das Leben auf diesem Planeten wenigstens noch zu begrenzen. Laut einer neuen Studie des Global Humanitarian Forum bringt der Klimawandel schon heute jährlich 300 000 Menschen vor allem in ärmeren Ländern den Tod. Bei der Konferenz in Bonn und der im Dezember folgenden entscheidenden Folgekonferenz in Kopenhagen geht es um nichts weniger als grundlegende Weichenstellungen mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu General Motors Osnabrück (ots) - Aus einem anderen Jahrhundert Es ist eine harte Vollbremsung, doch sie kommt spät: Viel zu lange hat General Motors die Zeichen der Zeit verkannt und antiquierte Benzinfresser auf den Markt geworfen - Autos aus einem anderen Jahrhundert. Die Insolvenz war deshalb überfällig. Nur ein Neuanfang kann GM noch retten. Dass die Regierung Obama die Sanierung mit vielen Steuermilliarden unterstützt, ist angesichts der Größe von GM nicht überraschend. Denn es stehen Hunderttausende von Arbeitsplätzen auf dem Spiel: bei GM mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Opel Osnabrück (ots) - Erpressbar gemacht Vielleicht geht in Sachen Opel alles gut. Aber eben nur vielleicht. Denn der Rettungsplan ist eine Wette des Staates auf das Einhalten vager Versprechen der künftigen Eigentümer, verbunden mit dem Hoffen auf bessere Absatzchancen in der Zukunft. Doch weshalb sollten sich Autos von Opel in einem geschrumpften Markt plötzlich besser behaupten können als in der Vergangenheit? Kein Wunder also, dass auch in der Union die Kritik am jüngsten Rettungsplan immer mehr wächst. Kanzlerin Merkel wird mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht