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Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) kommentiert:

Geschrieben am 19-01-2009

Bielefeld (ots) - Die neuesten Zahlen der Unicef sind eine
doppelte Ohrfeige - für die Industrieländer. Täglich sterben 1500
meist junge Mütter während der Schwangerschaft oder bei der Geburt
und jedes Jahr vier Millionen Neugeborene in den ersten vier Wochen
nach der Geburt.
99 Prozent der Todesfälle entfallen auf die Entwicklungsländer,
insbesondere in Afrika und Südasien, und der Grund ist fast immer
derselbe: Mangel an medizinischem Personal oder Material und
natürlich auch an Aufklärung.
Es ist eine Ohrfeige, weil mehr Medikamente und die Bereitstellung
von Know-how eine Frage der Entwicklungshilfe und des guten Willens
sind. Es ist eine zweite Ohrfeige, weil die Wirtschaft im
vergreisenden Europa diese Absatzmärkte auf Dauer dringend braucht.
Neunmalkluge halten dem zynisch entgegen: Bei der derzeitigen
Überbevölkerung der Welt sei es gut, dass in Europa weniger Kinder
geboren würden und dass die Geburten in den Entwicklungsländern
zurückgingen.
Der renommierte Demograph Herwig Birg aus Bielefeld hat dieses
Argument einmal so bloßgestellt: Das sei so, als ob man mit einem
Bein in einem Eimer voll heißen Wassers und mit dem anderen in einem
mit eiskaltem Wasser stünde, insgesamt sei die Temperatur
ausgeglichen, es sei dennoch kein angenehmes Gefühl.
In der Tat, das alte Argument von der Überbevölkerung ist überholtes
malthusianisches Denken. Der britische Gelehrte Malthus hatte vor 210
Jahren verkündet, die Ressourcen seien endlich und könnten die
Menschheit deshalb nur begrenzt ernähren. Vor allem arme Völker
sollten sich nicht vermehren, sie schmälerten mit hohen Geburtenraten
den Wohlstand. Ein statisches, armseliges Bild vom Menschen.
Von der Dynamik des Erfindergeistes, von der Zufuhr und Entdeckung
neuer Energien, von der Kraft der Liebe (und des Teilens) keine Spur.
Aber die Theorie hat manche Politiker vor allem im angelsächsischen
Raum nachhaltig bewegt, das Bevölkerungswachstum in
Entwicklungsländern einzudämmen bis hin zu Zwangssterilisierungen.
Obwohl Malthus längst überholt ist - schon vor ihm rechnete ein
deutscher Demograph und wie Malthus evangelischer Theologe, Johann
Peter Süßmilch, die Tragfähigkeit der Erde aus, ohne unumstößliche
Thesen aufzustellen -, geblieben ist bis heute ein Achselzucken, wenn
von Hunger und Tod in Afrika die Rede ist. Das ist unmenschlich und
kurzsichtig.
Man sollte die Zusammenhänge nicht vergessen. Zum Beispiel diesen:
Entwicklungshilfe ist in der globalisierten, in dieser einen Welt
auch Wirtschaftspolitik und Demographie ist ein geopolitischer
Faktor. Das erfährt zurzeit in der Krise auch der Exportweltmeister
Deutschland.
Kleine Anmerkung: Im 50 Milliarden Euro schweren Konjunkturpaket II
sind immerhin 100 Millionen für die Entwicklungszusammenarbeit
reserviert. Das sind 0,2 Prozent. Selbst Trostpflaster sind größer.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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