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Westdeutsche Zeitung: Christian Klar = Von Peter Kurz

Geschrieben am 24-11-2008

Düsseldorf (ots) - Die Richterschelte erscheint auf den ersten
Blick gerechtfertigt - angesichts der Entscheidung über die
Freilassung des Ex-RAF-Terroristen Christian Klar. Der wegen
Mehrfachmordes Verurteilte hat schwerstes Unrecht auf sich geladen.
Und auch mehr als 30 Jahre nach seinen Taten zeigt er keinerlei Reue,
geschweige denn entschuldigt er sich bei den Angehörigen seiner
Opfer. Die aber müssen ein Leben lang mit den Folgen der Taten leben.
Und der Täter? Der darf ein Praktikum am Berliner Ensemble antreten.
Das kann zornig machen. Und trotzdem:
Die Richterschelte ist nicht gerechtfertigt. Als Bundespräsident
Horst Köhler im Mai 2007 eine Begnadigung Klars ablehnte, da spielte
es durchaus eine Rolle, dass Klar keine Reue zeigte. Vor dem
Oberlandesgericht Stuttgart ging es aber nicht mehr um die
Entscheidung "Gnade vor Recht", sondern um das Recht. Und das Recht
regelt eindeutig die Kriterien für eine vorzeitige Haftentlassung auf
Bewährung. Kriterium auch bei lebenslanger Freiheitsstrafe ist nicht
ein Bitten um Verzeihung oder ein sehr später Beitrag zur Aufklärung
des damaligen Tathergangs, sondern die Frage: Geht noch eine Gefahr
vom Täter aus? Eben das haben die Richter in Übereinstimmung mit
Gutachtern und der Generalbundesanwaltschaft verneint.
Und was ist mit dem Argument, dass der wegen Mehrfachmordes
Verurteilte doch besonders schweres Unrecht auf sich geladen hat?
Eben dieses Unrecht war Gegenstand des Strafurteils und ist mit der
verhängten Mindesthaftdauer von 26 Jahren abgegolten. Damit liegt
Klar immerhin sechs Jahre über den rund 20 Jahren, die eine
Verurteilung zu lebenslanger Freiheitsstrafe in der Praxis bedeutet.
Denn seit einer Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts
von 1977 gilt der Satz: "Auch lebenslänglich ist vergänglich." Jedem
Verurteilten muss seither die Chance verbleiben, irgendwann seine
Freiheit wiederzuerlangen. Das gebietet die Menschenwürde.
Auch wenn die RAF-Terroristen sich selbst als Befreiungskämpfer sahen
- sie waren Kriminelle, sie waren Mörder. Für sie galt und gilt das
ganz normale Strafgesetzbuch. Jetzt irgendwelche Sonderregeln zu
konstruieren, hieße, ihnen im nachhinein den einst gewünschten
Sonderstatus zuzugestehen.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_62556.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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