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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Urteil im Fall Zumwinkel

Geschrieben am 26-01-2009

Bielefeld (ots) - Wer spricht jetzt noch von Klaus Zumwinkels
Erfolgen? Dabei hat der »Manager des Jahres 2003« etwas geschafft,
das vorher unmöglich erschien: Er führte die Deutsche Post und die
frühere DDR-Post aus tiefroten Zahlen in die Profitabilität. Nun aber
wird sein Name künftig vor allem mit Steuerhinterziehung
zusammengebracht. Mitleid ist nicht angebracht. Zumwinkel hat sich
den Ansehensverlust einzig und allein selbst zuzuschreiben.
Das Bild des hanseatischen Kaufmanns, der einzig und allein das Wohl
des Unternehmens im Blick hat, hatte allerdings schon vorher einen
Knacks bekommen. Im Dezember 2007 hatte sich der damalige Konzernchef
von Post-Aktien im Wert von fast fünf Millionen Euro getrennt.
»Zufällig« notierten die Papiere gerade auf dem Höchstkurs, weil
Zumwinkel einen hohen Mindestlohn durchgesetzt und damit die private
Konkurrenz größtenteils aus dem Rennen geboxt hatte. Während des
Prozesses wurde bekannt, dass Zumwinkel entgegen des äußeren
Eindrucks sehr wohl auch die schönen Dinge des Lebens wie einen
Porsche-Sportwagen und eine Jahrhunderte alte Burg über dem
italienischen Gardasee zu schätzen weiß.
Dies aber ist weder verboten noch ehrenrührig - ganz im Gegensatz zur
Steuerhinterziehung in Millionenhöhe mit Hilfe einer Stiftung in
Liechtenstein. Zumwinkel nennt die Tat den »größten Fehler meines
Lebens«. Dieser Selbsteinschätzung ist kaum etwas hinzuzufügen.
Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt - schon gar nicht, wenn
es mit soviel krimineller Energie verbunden ist. Der frühere
Post-Chef hat sogar das Angebot des damaligen Finanzministers Hans
Eichel auf Amnestie vorbeiziehen lassen.
Richter Wolfgang Mittrup hat Zumwinkel einen kurzen, aber fairen
Prozess gemacht. Gegen das Urteil inklusive Geld- und zweijähriger
Bewährungsstrafe ist nichts einzuwenden. Zumwinkel selbst hat durch
sein Geständnis und Reue den Weg dorthin geöffnet. Er hat weitgehend
darauf verzichtet, den Journalisten-Auflauf bei der ersten Razzia
oder den Erwerb der Daten-CD durch den deutschen Staat zu nutzen, um
sich selbst zum Opfer zu stilisieren. Nur ein Mal sprachen die
Verteidiger in Verkennung der Bedeutung dieses Wortes von einer
»medialen Hinrichtung«.
Man darf Zumwinkel abnehmen, dass der Ansehensverlust in der
Öffentlichkeit für ihn die größte Strafe bedeutet. Was den anderen
Teil des Urteils betrifft, so verlässt der Ex-Manager den
Gerichtssaal trotz Millionenstrafe und vorangegangener Rückzahlungen
in mehrfacher Millionenhöhe nicht als armer Mann. Er wird den
Lebensabend in Freiheit verbringen; aber er wird die Freiheit nicht
mehr recht genießen können.
Das ausgewogene Urteil bietet keinen Ansatzpunkt für die so beliebte
Kritik, dass die Justiz bei den »Großen« der Gesellschaft gern ein
Auge zudrückt. Schon gar nicht erlauben die Aufklärung und der
Prozess die ebenfalls beliebte These, »die da oben« seien doch
sowieso alle korrupt oder Verbrecher. In Bochum wurde der große
Fehler eines großen Managers richtig und gerecht abgeurteilt.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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