Brutaler Abnutzungskampf/Die rechtskonservative Regierungspartei PiS legt in Polen erneut ein umstrittenes Gesetz zur Justizreform vor. Jetzt ist die Brüsseler Bürokratie gefordert. Von Ulrich Krökel
Geschrieben am 02-01-2020 |   
 
 Regensburg (ots) - Beim Blick nach Polen kommen derzeit Déjà-vu-Gefühle auf. Die 
rechtskonservative PiS hat die Parlamentswahl gewonnen. Wenige Wochen später  
legt sie ein hoch umstrittenes Gesetz zur Justizreform vor. Die Opposition  
steigt auf die Barrikaden. Es gibt landesweit Proteste gegen diese Angriffe auf  
Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. So war es 2015, und so ist es auch jetzt  
wieder, im Spätherbst 2019. Allerdings gleichen sich die Bilder und die Inhalte  
bestenfalls von Ferne. Während vor vier Jahren eine "Schlacht um die Demokratie" 
losbrach, hat der Streit längst das Niveau eines brutalen Abnutzungskampfes  
erreicht. Viel zu viel ist in den vergangenen vier Jahren in der polnischen  
Innenpolitik passiert, aber auch in dem Dauerkonflikt zwischen der PiS-Regierung 
und der EU-Kommission in Brüssel sowie dem Europäischen Gerichtshof in  
Luxemburg. Wer die neuesten Volten verstehen und bewerten will, muss trotzdem  
noch einmal auf die ganze Geschichte zurückblicken. Nach ihrem Wahlsieg 2015  
ging die PiS auf breiter Front gegen die Unabhängigkeit der Justiz vor. Die  
Regierungspartei brachte das Verfassungsgericht unter ihre Kontrolle, schickte  
Richterinnen und Richter in den Zwangsruhestand, machte den Justizminister zum  
Generalstaatsanwalt und änderte vor allem die Geschäftsgrundlage des Nationalen  
Justizrats, der unter anderem über die Besetzung von Richterstellen entscheidet. 
Die Mitglieder des Rats sollten fortan von der Parlamentsmehrheit bestimmt  
werden, also von der PiS, die auf diese Weise Einfluss auf die Rechtsprechung  
erhielt. Die polnische Opposition empörte sich damals völlig zu Recht, dass die  
Gewaltenteilung in akuter Gefahr sei. Die EU-Kommission sah es ähnlich und  
leitete ein Rechtsstaatsverfahren gegen die Regierung in Warschau ein.  
Schließlich stoppte der EuGH zentrale Teile der PiS-Reformen. Nur in einem Punkt 
blieb das Luxemburger Gericht vage. Das betraf den Einfluss des Parlaments auf  
den Nationalen Justizrat. Es gebe zwar erhebliche Bedenken. Entscheiden aber  
sollte in diesem Verfahren der Oberste Gerichtshof in Polen, der die  
PiS-Gesetzgebung Anfang Dezember endgültig kippte. Daraufhin legte die Regierung 
nun nach und drohte allen unbotmäßigen Richtern Disziplinarstrafen an. So weit,  
so kompliziert. Und genau diese Komplexität des Geschehens ist das größte  
Problem der Regierungsgegner in Polen. Von Massenprotesten kann schon lange  
keine Rede mehr sein. Einfach weil bei alldem kaum noch ein Mensch durchblickt.  
Und was niemand genau weiß, das macht niemanden heiß. Dies gilt umso mehr, als  
die PiS den labyrinthischen Wirrnissen sehr simple Parolen entgegenstellt. "Wir  
wollen das Chaos beenden und Ordnung an unseren Gerichten schaffen", sagt  
PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski. Dagegen wird definitiv keine polnische  
Oppositionspartei punkten können, auch wenn sie noch so viele Argumente auf  
ihrer Seite hat. Und die hat sie. Denn auch das neueste PiS-Gesetz atmet den  
Geist des Autoritarismus. Umso wichtiger bleiben in dem Konflikt die  
EU-Kommission und der EuGH als Kontrollinstanzen. Denn wenn EU-Institutionen  
irgendetwas beherrschen, dann ist es der Umgang mit komplizierten Sachverhalten  
an der Grenze zur Undurchschaubarkeit. Man kann die so oft gescholtenen  
Brüsseler Bürokraten ja auch einmal dafür loben, dass sie die Ausdauer und die  
Motivation mitbringen, sich in Details zu verbeißen, bis es quietscht. Denn sie  
tun es ja auf Grundlage und im Sinn gesamteuropäischer Werte. Der Blick zurück  
nach Polen zeigt schon heute, dass sich der Kampf sehr wohl lohnt. Die Freiheit  
der Präsidentenwahl im kommenden Frühjahr zum Beispiel ist in keiner erkennbaren 
Gefahr. Und so bekommt die Opposition schon im Mai eine neue Chance, dem  
antidemokratischen Treiben der PiS ein demokratisches Ende zu bereiten. 
 
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