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BUND fordert von Agrarministern: Nutzt diese EU-Agrarreform für mehr Ökologie, für mehr Gerechtigkeit, für mehr Soziales (AUDIO)

Geschrieben am 26-09-2018

Berlin (ots) -

Christian Rehmer, Experte für Agrarpolitik beim Bund für Umwelt
und Naturschutz Deutschland (BUND) über die Erwartungen des BUND an
die Agrarministerkonferenz, die vom 26. bis zum 28. September in Bad
Sassendorf stattfindet:

Anmoderationsvorschlag: Zweimal im Jahr treffen sich die
Agrarministerinnen und Agrarminister sowie zuständige Senatoren der
Stadtstaaten zur Agrarministerkonferenz. Einmal im Frühjahr und
einmal im Herbst. Von heute bis Freitag findet die so genannte
Herbstkonferenz in Bad Sassendorf in Nordrhein-Westfalen statt. Mit
über 60 Tagesordnungspunkten ist die Konferenz prall gefüllt.
Angesichts des Dürresommers oder der anstehenden Reform der
EU-Agrarpolitik gibt es viel zu diskutieren. Daher nutzen wir die
Gelegenheit mit dem Leiter für Agrarpolitik des BUND, Christian
Rehmer, über die Agrarministerkonferenz zu sprechen.

Erste Frage: Was sind für Sie die wichtigsten Themen der
Herbstkonferenz in Bad Sassendorf?

O-Ton 1 (Christian Rehmer, 18 Sek.): Also das ganz klar wichtigste
Thema für den BUND ist die Zukunft der EU-Agrarpolitik. Weitere
Themen, die aus unserer Sicht auf der Agrarministerkonferenz sehr
wichtig sind, ist der Ökolandbau, ist der Umgang mit Pestiziden, mit
der Gentechnik oder natürlich auch das Thema Digitalisierung in der
Landwirtschaft.

Zweite Frage: Ein sehr heißer Sommer liegt hinter uns. Viele
Bäuerinnen und Bauern haben sehr viel weniger geerntet, als
normalerweise. Dafür gibt es nun Dürrehilfen vom Staat. Wie steht der
BUND dazu und was muss sich ändern, damit die Landwirtschaft besser
mit den Klimaschwankungen zurechtkommt?

O-Ton 2 (Christian Rehmer, 43 Sek.): Der BUND findet es richtig,
dass die Betriebe, die diesen Sommer enorme wirtschaftliche Einbußen
hatten, das denen geholfen wird. Grundsätzlich müssen wir uns aber
überlegen: Das kann nicht jeden Sommer so weitergehen. Wir brauchen
sowohl Klimaschutz - ganz grundsätzlich -, wir brauchen aber auch
klimaangepasste Systeme in der Landwirtschaft. Was soll das heißen?
Also zum Beispiel muss der Humus-Anteil im Boden erhöht werden. Wir
brauchen wieder mehr Wasser in der Landschaft. Wir müssen Moore
wieder vernetzen. Wir müssen Feuchtgebiete schützen. Und wir müssen -
ganz, ganz wichtig - das Grünland schützen. Unter Grünland gibt es
mehr Humus als unter Ackerland, Grünland sind Wiesen und Weiden. Und
wir brauchen auch Tiere, die dieses Grünland beweiden. Das sind alles
Punkte, die wir ganz im Kontext des Klimaschutzes voranbringen
wollen.

Dritte Frage: Sie sprachen die Tier- und Weidehaltung an. Was
erwarten Sie hierbei von der Agrarpolitik?

O-Ton 3 (Christian Rehmer, 57 Sek.): Also der BUND steht dafür,
dass grundsätzlich die Tierhaltung umgebaut wird. Umgebaut heißt, von
einer Intensiv-Tierhaltung, die vor allem in Ställen ist, die auf
Kosten von Umwelt, von Mensch und von Tier geht, hin zu einer
Tierhaltung mit Tieren auf der Weide, mit Tieren in artgerechten
Ställen oder auf Ökohöfen. Das können die Bäuerinnen und Bauern nicht
alleine stemmen. Dafür braucht man ein langfristiges Ziel, dafür ist
auch die Bundesregierung zuständig, man braucht Förderprogramme und
man braucht auch Zeitangaben, in welchen Schritten der Umbau der
Nutztierhaltung vorangehen soll. Politisch fordern wir, damit auch
Verbraucherinnen und Verbraucher ihren Anteil am Umbau der
Tierhaltung leisten können, eine verbindliche, staatliche
Haltungskennzeichnung. Das können Sie sich ungefähr so vorstellen,
wie bei den Eiern: von null bis drei. Da kann auch jeder erkennen,
was ist ein Bio-Ei und was ist ein Käfig-Ei. Dasselbe wollen wir auch
für Fleisch. Oder Milch. Oder Käse. Oder andere tierische Produkte -
von allen Tieren.

Vierte Frage: Ein heiß diskutierter Punkt ist ja, ob es ab Januar
verboten sein soll, Ferkel ohne Betäubung zu kastrieren. Mehrere
Bundesländer und die Agrarwirtschaft wollen dieses Verbot um bis zu
fünf Jahre nach hinten verschieben. Was sagt der BUND dazu?

O-Ton 4 (Christian Rehmer, 59 Sek.): Also seit fünf Jahren ist ja
klar, dass es zum 1.1.2019 verboten sein wird, Ferkel ohne Betäubung
zu kastrieren. Bäuerinnen und Bauern haben sich von der Agrarlobby
dort ein bisschen blenden lassen. Die Agrarlobby hat ihnen jahrelang
eingeredet: ,Wir kriegen das schon irgendwie hin, das wird nicht
passieren. Die Agrarpolitik wird das irgendwie aufschieben oder
ändern oder so weiter.' Und jetzt, kurz vor Ende, haben wir eine
Torschlusspanik. Das ist ein klassisches Politikversagen. Aus Sicht
des BUND ist es wichtig, dass nicht-kurative Eingriffe - also
Eingriffe am Tier, die irgendwie gemacht werden, um das Tier für den
Stall zu machen, um das Tier irgendwie halten zu können - dass die,
soweit es geht, vermieden werden. Und wenn man einen kurativen
Eingriff macht, also in dem Fall eine Kastration, dann
selbstverständlich mit einer Betäubung. Es gibt bereits drei Systeme,
alle haben ihre Vor- und Nachteile, eins dieser Systeme wird aber
jahrelang bereits vom Neuland-Verband angewandt und das finden wir
richtig. Wir finden, alle Tierhalterinnen und Tierhalter sollten sich
das bei Neuland mal anschauen.

Fünfte Frage: Die EU-Agrarpolitik - kurz GAP - soll reformiert
werden. Ab 2021 soll es für die GAP neue Regeln geben. Diese hat die
EU-Kommission Anfang Juni 2018 veröffentlicht und seitdem wird in der
Agrarpolitik heftig darüber diskutiert. Wie sieht der BUND das und
was erwarten sie von der Agrarministerkonferenz?

O-Ton 5 (Christian Rehmer, 57 Sek.): Für die EU-Agrarpolitik
werden jedes Jahr 55 bis 60 Milliarden Euro ausgegeben. Das ist jede
Menge Geld, mit dem man gute Dinge tun könnte. Momentan wird der
größte Teil dieses Geldes einfach so an die Landwirtschaft
ausgeschüttet. Der BUND sagt: Das kann so nicht weitergehen. Wir
wollen: Öffentliches Geld muss für öffentliche Leistungen ausgegeben
werden. Damit meinen wir zum Beispiel: Betriebe, die mehr tun für die
Artenvielfalt, die also die Biodiversität schützen oder die die
Gewässer besonders reinhalten oder die ihre Ställe so umbauen, dass
Tiere besser gehalten werden - die sollen Geld bekommen. Man soll
kein Geld dafür bekommen, einfach sich nur an bestehende Gesetze zu
halten. Es gibt jetzt - im Sommer wurden Vorschläge von der
EU-Kommission vorgelegt, wie die EU-Agrarpolitik aussehen soll. Und
die Agrarministerkonferenz wird sich dazu jetzt verhalten. Wir
fordern ganz klar: Keine Kürzungen in der sogenannten zweiten Säule.
Das ist eine Säule, wo viele der Dinge, die ich gerade genannt habe,
gefördert werden. Wir wollen ganz klar: Nutzt das neue Instrument der
Öko-Regelungen. Das ist ein Instrument, mit dem viele spezifische
Ziele in Biodiversität, Umwelt und Klima gefördert werden können.
Nutzt diese EU-Agrarreform für mehr Ökologie, für mehr Gerechtigkeit,
für mehr Soziales.

Abmoderationsvorschlag: Wir danken Ihnen für das Gespräch, Herr
Rehmer.

Der O-Ton (Audio) als Download: www.bund.net/interview_gap-reform
Alle O-Töne können Sie als mp3-Datei herunterladen und für
Medienberichte verwenden. Interview: 4:20 Minuten

Weitere Informationen zum Thema:
BUND-Broschüre "EU-Agrarpolitik einfach erklärt" im PDF-Format:
http://ots.de/aBSvP1
Analyse der EU-Agrarpolitik nach 2020: http://ots.de/Ek2q2d



Pressekontakt:
Christian Rehmer, BUND-Expertin für Agrarpolitik, Mobil:
0174-3932100, E-Mail: christian.rehmer@bund.net, bzw. Katrin Matthes,
BUND-Pressereferentin, Tel.: 030-27586-531; E-Mail: presse@bund.net,
www.bund.net

Original-Content von: BUND, übermittelt durch news aktuell


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