| | | Geschrieben am 22-06-2018 Türkei: ROG kritisiert Wahlen ohne Medienvielfalt
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 Berlin (ots) - Türkei: ROG kritisiert Wahlen ohne Medienvielfalt
 
 (Diese Meldung auf der ROG-Webseite: http://ogy.de/y6wp)
 
 22.06.2018 - Vor den Wahlen in der Türkei am Sonntag (24.06.)
 kritisiert Reporter ohne Grenzen (ROG) die massiven Verletzungen der
 Medienfreiheit im Land, die eine demokratische Auseinandersetzung
 nahezu unmöglich gemacht haben. Mithilfe einer Willkürjustiz werden
 seit dem Putschversuch vor zwei Jahren kritische Stimmen zum
 Schweigen gebracht, mehr als 100 Journalisten sitzen derzeit im
 Gefängnis. Unter dem Ausnahmezustand wurde der Medienpluralismus
 weitgehend zerstört und ganze Teile der Medienlandschaft mit einem
 Federstrich beseitigt.
 
 "Angesichts der massiven Einschränkungen der Medienfreiheit
 zweifeln wir am korrekten Verlauf der bevorstehenden Wahlen in der
 Türkei", sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. "Medien werden
 geschlossen und kritische Journalisten über längere Zeiträume
 weggesperrt. Wie sollen die Menschen in der Türkei ohne ausgewogene
 Berichterstattung und ohne Meinungsvielfalt eine informierte
 Entscheidung treffen?"
 
 Die Türkei stimmt am Sonntag rund eineinhalb Jahre früher als
 geplant über ein neues Parlament und einen neuen Präsidenten ab. Nach
 der Wahl soll das Präsidialsystem in Kraft treten, über das die
 Türkei im April 2017 in einem knappen Referendum abgestimmt hatte
 (http://ogy.de/kxue) und das dem Staatspräsidenten deutlich mehr
 Macht verleihen würde. Die Gegenkandidaten von Erdogan haben
 angekündigt, die Verfassungsreform rückgängig zu machen
 (http://ogy.de/x0yd).
 
 EINSEITIGE BERICHTERSTATTUNG
 
 Die großen Fernsehsender haben Erdogans Wahlreden stundenlang live
 übertragen. Im Mai 2018 erhielt die Regierungspartei AKP beim
 Staatssender TRT 68 Stunden Sendezeit, die größte Oppositionspartei
 CHP sieben Stunden, die kleineren Oppositionsparteien jeweils nur
 wenige Minuten. Die pro-kurdische HDP, deren Anführer Selahattin
 Demirtas seit 2016 inhaftiert ist, wurde komplett ignoriert.
 
 Am 24. Mai übertrugen zwölf private und öffentliche Fernsehsender
 über Stunden den Wahlkampf der AKP. Über den Wahlkampf von
 Oppositionsparteien berichteten drei große Fernsehsender am 11. Juni
 zum ersten Mal überhaupt.
 
 MEDIEN PER DEKRET GESCHLOSSEN
 
 Der Medienpluralismus in der Türkei ist weitgehend zerstört. Rund
 150 Medien wurden seit dem Putschversuch im Juli 2016 geschlossen.
 Die wenigen noch verbliebenen unabhängigen Medien, darunter etwa die
 Zeitungen Cumhuriyet und Birgün, haben lediglich eine geringe
 Auflage.
 
 Ein Wendepunkt für die Medienlandschaft in der Türkei war der
 Verkauf der Dogan Mediengruppe an einen regierungsnahen Unternehmer
 im März 2018 (http://ogy.de/ebxo). Damit gehört die größte
 Mediengruppe in der Türkei dem Konzern Demirören, dessen Besitzer
 Erdogan Demirören Verbindungen zum türkischen Präsidenten hat. So war
 Erdogan 2003 - damals noch Ministerpräsident - Trauzeuge von
 Demirörens Sohn.
 
 Die Dogan-Gruppe war zuvor die einzige verbleibende Mediengruppe,
 die nicht unter die Kontrolle der türkischen Regierung gebracht
 worden war. Zur ihr gehörten unter anderem der Fernsehsender CNN
 Türk, die auflagenstarke Tageszeitung Hürriyet, die englischsprachige
 Zeitung Hürriyet Daily News und die Nachrichtenagentur DHA.
 
 Bereits im Jahr 2011 hatte die Dogan-Gruppe die renommierte
 Zeitung Milliyet an den Demirören-Konzern verkauft. Galt sie einst
 als eine der Säulen des unabhängigen Journalismus in der Türkei, ist
 die Zeitung seitdem ein integraler Bestandteil der
 Regierungspropaganda.
 
 Nach dem Verkauf der Dogan-Mediengruppe gehören neun der zehn
 meistgesehenen Fernsehsender und neun der zehn meistgelesenen
 überregionalen Tageszeitungen regierungsfreundlichen Unternehmen.
 
 Schon vor der Repressionswelle seit dem Putschversuch hat die
 zunehmende Medienkonzentration in der Türkei die Freiräume für
 unabhängigen Journalismus immer weiter eingeengt. Wie die Recherchen
 des Projekts Media Ownership Monitor in der Türkei
 (http://ogy.de/240f) zeigen, ersticken die politischen und
 wirtschaftlichen Verflechtungen vieler wichtiger Medienbesitzer eine
 kritische Berichterstattung im Keim (http://ogy.de/nb5h). Die meisten
 Medienbesitzer sind auf öffentliche Aufträge in anderen Branchen wie
 Energie, Transportwesen oder Bauwirtschaft angewiesen und
 dementsprechend zurückhaltend mit Kritik an der Regierung.
 
 KRITISCHE JOURNALISTEN IN HAFT
 
 Mehr als 100 Medienschaffende sitzen derzeit in der Türkei im
 Gefängnis. Die türkische Justiz hält Journalisten mit Hilfe von
 Untersuchungshaft über längere Zeiträume systematisch fest. Kritik an
 der Regierung, die Arbeit für eine "verdächtige" Redaktion, der
 Kontakt mit einer heiklen Quelle oder die bloße Nutzung eines
 verschlüsselten Messenger-Dienstes reichen aus, um Journalisten wegen
 Terrorismus-Vorwürfen zu inhaftieren.
 
 Unter dem Ausnahmezustand sind Willkürentscheidungen an die Stelle
 rechtsstaatlicher Verfahren getreten. Was das für Journalisten
 bedeutet, zeigt der Prozess gegen 14 Mitarbeiter der
 regierungskritischen Zeitung Cumhuriyet (http://ogy.de/t9eb). Ein
 Gericht verhängte Ende April unter anderem gegen Geschäftsführer Akin
 Atalay, Chefredakteur Murat Sabuncu und Investigativjournalist Ahmet
 Sik mehrjährige Haftstrafen. Die türkische Justiz wirft ihnen eine
 "radikale Veränderung der redaktionellen Ausrichtung" vor, um die
 Ziele von drei ideologisch völlig konträren Gruppierungen zu
 unterstützen, an denen die Zeitung stets deutliche Kritik geübt
 hatte. Die Anklageschrift ist von sachlichen Fehlern durchzogen und
 stützt sich vor allem auf falsche Interpretationen von
 Zeitungsartikeln sowie auf Kontakte zwischen Journalisten und ihren
 Informanten. Bis zu einem Urteil im Berufungsverfahrens bleiben die
 Mitarbeiter auf freiem Fuß, sie dürfen die Türkei jedoch nicht
 verlassen.
 
 PROZESSE GEGEN JOURNALISTEN GEHEN NACH DEN WAHLEN WEITER
 
 Am 28. Juni beginnt der Prozess gegen den deutsch-türkischen
 Journalisten Deniz Yücel. Der Korrespondent der Zeitung Die Welt
 wurde Mitte Februar nach rund einem Jahr in Untersuchungshaft
 freigelassen und konnte nach Deutschland zurückkehren
 (http://ogy.de/l9fi). In der im Februar vorgelegten und nur drei
 Seiten umfassenden Anklageschrift wird Yücel "Propaganda für eine
 Terrororganisation" und "Aufstachelung des Volkes zu Hass und
 Feindseligkeit" vorgeworfen (http://ogy.de/re5s).
 
 Eine Woche später wird ein Urteil im Prozess gegen elf
 Journalisten und Kolumnisten der mittlerweile geschlossenen Zeitung
 Zaman erwartet, die unter anderem wegen verschiedener Terrorvorwürfe
 vor Gericht stehen (http://ogy.de/rspg). Trotz des Mangels an
 ausreichenden Beweisen drohen fünf Mitarbeitern lebenslange
 Haftstrafen.
 
 Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht die Türkei auf Platz
 157 von 180 Staaten. Weitere Informationen über die Lage für
 Journalisten vor Ort finden Sie unter
 www.reporter-ohne-grenzen.de/türkei.
 
 
 
 Pressekontakt:
 Reporter ohne Grenzen
 Ulrike Gruska / Christoph Dreyer / Anne Renzenbrink / Juliane Matthey
 presse@reporter-ohne-grenzen.de
 www.reporter-ohne-grenzen.de/presse
 T: +49 (0)30 609 895 33-55
 F: +49 (0)30 202 15 10-29
 
 Original-Content von: Reporter ohne Grenzen e.V., übermittelt durch news aktuell
 
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