| | | Geschrieben am 24-07-2015 Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar
Brüssel in der Sommerpause
Die EU in der Sinnkrise
Fabian Fellmann, Brüssel
 | 
 
 Bielefeld (ots) - Der zu Ende gehende Monat wird in die Geschichte
 Europas eingehen. Jetzt, zu Beginn der Brüsseler Sommerferien,
 kratzen sich Proeuropäer verlegen am Kopf und fragen sich bange,
 wohin die Reise den Kontinent führen mag. "Das ist nicht mehr meine
 Europäische Union", schreibt etwa der 24-jährige Pietro Grandi,
 italienischer Student in Großbritannien, in einem Blog-Beitrag. Viele
 fühlen ähnlich, vor allem jüngere Bürger. Die EU habe ihre
 politischen Ideale verraten und werde wieder zu einem reinen
 Binnenmarktprojekt, das sich nur um die Wirtschaft kümmere, beklagt
 sich der Mitarbeiter eines EU-Parlamentariers. Es sind zwei
 Ereignisse im Juli, welche diese Sinnkrise in der Europäischen Union
 ausgelöst haben. Zum einen haben die Euro-Länder Griechenland einen
 harten Spar- und Reformkurs diktiert. Zum andern haben die EU-Länder
 die Zielvorgabe verpasst, 40.000 Flüchtlinge aus Italien und
 Griechenland aufzunehmen und die beiden Grenzstaaten zu entlasten.
 Damit wurde gleich zweimal auf die Probe gestellt, was die Union
 zusammenhalten soll: die Einheit der Werte und die Solidarität unter
 den Mitgliedern. Beide Male hat die EU versagt - so fühlen viele. Der
 Philosoph Jürgen Habermas kritisierte, die deutsche Regierung habe in
 einer Verhandlungsnacht das politische Kapital eines halben
 Jahrhunderts verspielt. Bundeskanzlerin Angela Merkel sei die
 "Zuchtmeisterin des Kontinents", schrieb der Kurier in Österreich.
 Die Sinnkrise trifft die EU in einem schwierigen Moment: Russland
 spielt in der Ukraine und dem Baltikum Katz und Maus mit der Union.
 Großbritannien droht mit einem Austritt. Von rechts und links
 bedrängen Protestparteien in vielen Ländern die bröckelnde
 proeuropäische Mitte. Auf all diese Herausforderungen reagieren die
 Staats- und Regierungschefs der EU keineswegs souverän, sondern
 höchst defensiv. Freimütig wies EU-Kommissionspräsident Jean-Claude
 Juncker diese Woche auf den Mangel an politischem Gestaltungswillen
 hin: "Wir haben das Schlimmste verhindert, und zwar nicht, weil wir
 so unglaublich klug wären, sondern weil wir schlicht Angst hatten."
 Die europäischen Politiker haben Angst. Angst vor Russland, Angst vor
 ihren eigenen Bürgern, die sich gegen Kredite für Griechenland oder
 Flüchtlingsheime wehren könnten. Sie haben Angst, politischen Mut zu
 zeigen. Dabei ist überdeutlich geworden, dass die Eurozone stärker
 zusammenwachsen muss und dafür eine stärkere politische Legitimation
 benötigt. Deutschland und Frankreich arbeiten derzeit an Vorschlägen,
 doch die Pläne bergen die Gefahr, dass die EU in zwei Lager gespalten
 wird: die enge Euro-Union und die losere Gesamt-EU. Doch existiert
 diese Trennung schon heute. Noch zeigen der französische Präsident
 François Hollande und Kanzlerin Angela Merkel keinen großen Willen,
 diese Diskussion offensiv anzugehen. Nach der Sommerpause müssen sie
 aber dringend wieder Europa den Weg weisen. Selbst wenn das Ziel eine
 weniger ambitionierte, zweiteilige Union ist, die vielleicht zunächst
 weniger Begeisterung weckt, langfristig aber mehr Resultate liefern
 kann.
 
 
 
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 Neue Westfälische
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 Telefon: 0521 555 271
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