| | | Geschrieben am 15-07-2015 Lausitzer Rundschau: Die Perspektive der Opfer
Zum Urteil im Auschwitz-Prozess gegen Ex-SS-Mann Gröning
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 Cottbus (ots) - Es sind immer dieselben Fragen, die von vielen
 Seiten gestellt werden: Muss das sein? Muss man einen 94-jährigen,
 gebrechlichen und kränklichen Mann noch vor Gericht zerren für Taten,
 an denen er vor Jahrzehnten beteiligt gewesen sein soll? An die er
 sich vielleicht gar nicht mehr richtig erinnert? Ist nicht irgendwann
 auch mal genug? Darauf kann man nur antworten: Man muss. Es darf
 keinen Schlussstrich geben. Nicht unter jene entsetzlichen und
 beispiellosen Verbrechen, für die der Name Auschwitz in der deutschen
 Geschichte und weltweit steht. Auschwitz verjährt nicht. Für
 niemanden. Das ist die Perspektive, aus der das gestrige Urteil gegen
 den früheren SS-Mann Oskar Gröning bewertet werden muss: Es ist die
 Perspektive der Opfer des Massenmords. Keine andere. Es geht um sie.
 Solange Täter leben, die direkt oder indirekt am Holocaust beteiligt
 gewesen sind, und solange es Überlebende gibt, endet erst recht
 nichts. Gröning hat während des Prozesses zumindest eine moralische
 Schuld eingestanden. Das muss anerkannt werden. Bei vielen anderen
 NS-Prozessen der Vergangenheit wurde auf Biegen und Brechen geleugnet
 oder verharmlost. Vier Jahre Freiheitsstrafe sind gegen den alten
 Mann jetzt verhängt worden. Ob er die Strafe antreten muss, muss
 angesichts seines Alters und seines gesundheitlichen Zustands
 bezweifelt werden. Aber darum geht es auch nicht. Viel wichtiger ist
 ein weiteres Signal, das von dem Urteil ausgeht: Alle, die in
 Auschwitz dabei waren, waren mit verantwortlich. Auch der Buchhalter
 an der Todesrampe, auch derjenige, der in dem KZ in der Schreibstube
 gesessen hat. Es gibt keine Täter der ersten, zweiten oder vielleicht
 dritten Klasse. Früher sind aus diesem Grund zahlreiche Nazi-Schergen
 davongekommen, auch weil das politisch so gewollt gewesen ist. Die
 Bundesrepublik hat sich bei der Aufarbeitung der Gräuel in den Jahren
 nach dem Krieg mehr als schwer getan. Mitunter mit Absicht. Jetzt hat
 das Landgericht Lüneburg deutlich gemacht, dass man die unsäglichen
 juristischen und politischen Fehler der Vergangenheit zukünftig nicht
 wiederholen darf. Auch das ist eine wichtige Botschaft des Urteils,
 und zwar an die Gesellschaft insgesamt. Darüber hinaus gilt: Prozesse
 wie gegen Gröning sind zugleich nötig für jene, die die "Gnade der
 späten Geburt" hatten, wie der ehemalige Bundeskanzler Helmut Kohl
 einmal sehr missverständlich gesagt hat. Solche Verfahren sind ein
 bedeutender Teil der Aufarbeitungs- und Erinnerungskultur dieses
 Landes. Sie mahnen die Nachkommen der Täter-Generation, dass
 Auschwitz sich nicht wiederholen darf. Und dass es ihre Verantwortung
 ist, genau dafür zu sorgen. Der Lüneburger Prozess, wahrscheinlich
 der letzte seiner Art, war sehr sinnvoll und sehr notwendig.
 
 
 
 Pressekontakt:
 Lausitzer Rundschau
 
 Telefon: 0355/481232
 Fax: 0355/481275
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