(Registrieren)

Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Auschwitz-Prozess in Lüneburg Zu spät Sigrun Müller-Gerbes

Geschrieben am 15-07-2015

Bielefeld (ots) - 70 lange Jahre hat die deutsche Justiz
gebraucht, um das Selbstverständlichste zu formulieren: Bei Auschwitz
durfte man nicht mitmachen. 70 Jahre, in denen deutsche Gerichte die
Täter davonkommen ließen, weil sie angeblich bloß Mitläufer waren,
kleine Rädchen ohne eigene Verantwortung, Befehlsempfänger ohne
Entscheidungsspielraum. Wer die Schilderungen der Überlebenden vor
Gericht liest, den erfüllt es noch nachträglich mit Scham: Sie alle
haben jahrzehntelang ertragen müssen, dass die, die da an der Rampe
von Auschwitz Dienst taten, die mithalfen, ihre Nächsten ins Gas zu
schicken, nicht schuldig schienen im Sinne des Gesetzes. Ein Skandal.
Aber auch eine große Erleichterung, dass sich die Justiz spät, allzu
spät, eines Besseren besonnen hat. Es mag hilflos, ja lächerlich
klingen, wenn Beihilfe zu 300.000-fachem Mord mit vier Jahren
Gefängnis geahndet wird - und der Täter vermutlich nicht einen Tag
davon absitzen muss, weil er zu alt und zu schwach ist. Aber auf das
Strafmaß kommt es hier letztlich nicht an. Das Landgericht Lüneburg
hat mit seinem Urteil klargemacht, dass die Schuld am Mittun in der
Mordmaschinerie Auschwitz auch nach 70 Jahren nicht einfach
abgetragen, verjährt, vergessen ist. Und es hat dafür gesorgt, dass
den Opfern noch einmal, für viele wohl zum letzten Mal, eine Stimme
verliehen wurde. Eine Stimme, die auch der jüngeren Generation vor
Augen führt, wohin Mitläufertum führen kann.



Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

571448

weitere Artikel:
  • Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Propaganda im Ukraine-Konflikt Krieg mit Worten Dirk-Ulrich Brüggemann Bielefeld (ots) - Krieg wird mittlerweile auf allen Ebenen geführt. Nicht nur der Krieg mit Waffen ist schlimm und verheerend, auch der Krieg mit Worten bringt viel Leid für alle Beteiligten. Krieg ist eine Ware, die einer guten Verpackung und Aufmachung bedarf. Wie sonst lässt sich für eine Regierung Rückhalt in der Bevölkerung gewinnen und die Heimatfront stabil halten? Da gab es Lautsprechereinheiten, die über die Fronten hinweg Parolen ausgegeben haben, es gab Handzettel, die aus der Luft über dem Feindgebiet abgeworfen wurden, mehr...

  • Schwäbische Zeitung: "Aufarbeitung bleibt wichtig" - Kommentar zum Auschwitz-Prozess Ravensburg (ots) - Der Lüneburger Auschwitz-Prozess zeigt: Die Aufarbeitung der NS-Verbrechen ist auch heute noch dringend nötig. Richter Kompisch hat recht. Die Nazis machten das Töten zur kollektiven Routine, um den Einzelnen zu enthemmen und ihn glauben zu machen, ihn treffe keine persönliche Schuld. Diese Erkenntnis ist wichtig, weil sie ein Schlaglicht auf den Umgang gar nicht so weniger Deutscher mit dem NS-Unrecht wirft. Die Nazis hätten das Volk "verführt", hört man oft - und kann den Eindruck bekommen, nur Hitler, Himmler mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: zur Buga Halle (ots) - Das Konzept, die Buga diesmal gleich an fünf Standorten auszurichten, war und ist ein Experiment. Und wie jedes Experiment kann auch dieses schiefgehen. Dabei ist der Grundgedanke, die gärtnerische Megaschau nicht immer nur an eine zumindest mittelgroße Stadt wie etwa Potsdam oder Rostock anzudocken, interessant. Zumal weder das kleine Havelberg noch das mit rund 80 000 Einwohnern etwas größere Brandenburg an der Havel andernfalls kaum je die Chance hätten, mit einer vergleichbaren Schau auf sich aufmerksam zu machen. mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: zum Auschwítz-Prozess Halle (ots) - Mussten Prozess und Urteil sein? Sie mussten nicht nur sein, weil das Strafgesetzbuch für Mord und Völkermord keine Verjährung kennt und die Justiz schon deshalb zur Strafverfolgung verpflichtet ist. Sie mussten sein, weil der Sinn der Abschaffung der Verjährung von Mord und Völkermord gerade darin bestand, die Strafverfolgung von jeder zeitlichen Begrenzung zu befreien - kein Mörder und kein Völkermörder soll darauf vertrauen dürfen, seiner Verantwortung durch Zeitablauf entkommen zu können. Das ist die einfache mehr...

  • Rheinische Post: Schlechtes Zeugnis Kommentar Von Gregor Mayntz Düsseldorf (ots) - Schule soll anschaulich sein, die Lebenswirklichkeit ins Klassenzimmer holen, den Kindern das Funktionieren der sozialen Marktwirtschaft nahe bringen. Jahr für Jahr gibt der Staat in der reichen Bundesrepublik dabei ein ärmliches Bild ab, indem viele Bundesländer Arbeitsverträge von Vertretungskräften zum Ferienbeginn auslaufen lassen und die Lehrer nach dem Ferienende wieder einstellen. Selbst wenn erklärbare Berufsabschnitte dahinter stehen und etwa das Referendariat in dem einen Schuljahr endet und die neue mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht