| | | Geschrieben am 12-07-2015 Rheinische Post: Kommentar / 
Merkel und ihr Schröder-Moment 
= Von Michael Bröcker
 | 
 
 Düsseldorf (ots) - Europa, so hat es der frühere
 Kommissionspräsident Jacques Delors gesagt, sei wie ein Fahrrad:
 Kommt es zum Stillstand, fällt es um. Die Frage, vor der Europas
 Staatschefs und vor allem Bundeskanzlerin Angela Merkel stehen, ist,
 ob ein überschuldeter und mit finanziellen Zuwendungen geförderter
 Eurostaat Griechenland das Integrationsprojekt Europa stoppt. Oder ob
 nicht gerade erst ein Grexit, die historische Teil-Rückabwicklung der
 Union, diese Konsequenz hätte. Denn: Wie stabil wäre das Haus Europa
 in den Augen der Welt noch, wenn einem Bewohner das Wohnzimmer, der
 gemeinsame Währungsraum, versperrt bliebe? Und wem würden als
 Nächstem Räume versperrt? Die griechische Tragödie hat die
 Bundeskanzlerin und Vernunft-Europäerin Angela Merkel in eine
 Entscheidungslage gebracht, die mit Dilemma nur unzureichend
 beschrieben ist. Egal, wie sie entscheidet, Merkel verliert. Wenn die
 Regierungschefin das dritte Hilfspaket trotz aller ökonomischen
 Bedenken und des begründeten Misstrauens in die Regierung in Athen
 durchwinkt, könnte die Unionsfraktion einen Aufstand und
 Finanzminister Schäuble den Rücktritt wagen. Entlässt sie
 Griechenland aus dem Euro, dürfte die humanitäre Lage in dem Land
 zunächst dramatische Züge annehmen, der Bruch mit Frankreich wäre
 vollzogen, und Merkel würde als Kanzlerin der europäischen
 Deformation in die Geschichtsbücher eingehen. Merkel sollte Option A
 wählen. Griechenlands Rettung muss im Euro erfolgen. Die
 Grexit-Befürworter sehen es anders, aber die gemeinsame Währung ist
 mehr als Banknoten und Bargeld. Der Euro macht Europa konkret,
 anfassbar. Die Währungsunion manifestiert den Willen der
 Mitgliedstaaten, den Einigungsprozess nicht nur ökonomisch, sondern
 auch politisch voranzutreiben. Deshalb bedarf die Grexit-Frage einer
 politischen Antwort. Wenn die Währungsunion der EU den nötigen Kitt
 gibt, dann muss die Eurozone zusammengehalten werden. "Wir haben uns
 verabredet, beieinander zu bleiben", sagt Bundespräsident Joachim
 Gauck. Das gilt auch und gerade in einer tiefen Krise. Man muss nicht
 Angela Merkels ungewöhnlich brachialen Satz vom Scheitern Europas
 wiederholen. Aber dass die EU als Vorzeige-Projekt der
 institutionellen Solidarität zwischen einst verfeindeten Staaten
 weltweit Schaden nimmt, wenn sich ein Euro-Mitglied gegen dessen
 Willen eine neue (alte) Währung suchen muss, ist anzunehmen. Im
 Umkehrschluss gilt dann eben, dass ein "Mehr" an Europa nur mit dem
 Eurostaat Griechenland erfolgen kann. Finanziell überfordert ist die
 Union jedenfalls nicht. Im Übrigen ist es nahezu unvorstellbar, dass
 sich Deutschland und Frankreich in einer existenziellen
 europapolitischen Frage entzweien lassen. Unabhängig davon, welche
 Motive den innenpolitisch angeschlagenen Sozialisten-Präsidenten
 Hollande wirklich treiben. Fazit: Ein Grexit hieße, den Prozess der
 quasi automatisch - mal schneller, mal langsamer - fortschreitenden
 Integration Europas erstmals zu stoppen. Danach wäre in Europa nichts
 mehr so wie vorher. Jeder neue europäische Streit würde mit der
 unausgesprochenen Drohung einer Trennung geführt. Das kann Angela
 Merkel nicht zulassen. Deswegen ist es gut, wenn Athen nun -
 überprüfbar, befristet - eine letzte Chance für die überfälligen
 Reformen erhält. Angela Merkel steht vor ihrem
 Gerhard-Schröder-Moment. Die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende muss eine
 Entscheidung gegen große Teile der Parteibasis und wohl auch gegen
 den mehrheitlichen Volkswillen treffen. Sie könnte darüber sogar ihr
 Amt verlieren. Europa wäre es wert.
 
 
 
 Pressekontakt:
 Rheinische Post
 Redaktion
 
 Telefon: (0211) 505-2621
 
 Kontaktinformationen:
 
 Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
 Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
 
 Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
 Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
 
 Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
 Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
 
 http://www.bankkaufmann.com/topics.html
 
 Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
 
 @-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
 Schulstr. 18
 D-91245 Simmelsdorf
 
 E-Mail: media(at)at-symbol.de
 
 571210
 
 weitere Artikel:
 
 | 
Westfalenpost: Weltmeister im Operieren
Von Wilfried Goebels Hagen (ots) - Überkapazitäten in Kliniken, Bettenleerstand und ein 
Übermaß an Operationen tragen wesentlich zur Kostenexplosion im  
Gesundheitssystem bei. Deutschland ist Weltmeister beim Operieren von 
Knie- und Hüftgelenken, Schultern und Bandscheiben. Seit zehn Jahren  
werden Krankenhäuser nicht mehr nach Behandlungstagen, sondern nach  
Fallzahlen abgerechnet. Die Folge: Wer viel operiert, hilft auch der  
kranken Klinik. 
 
   Die Schließung einer Klinik ist politisch gefährlich, weil sie den 
Nerv der Anwohner trifft. An der Krankenhausreform mehr...
 
Westfalen-Blatt: zur Schuldenkrise Bielefeld (ots) - Helfen wollen Griechenland alle. Und schuld sein 
will am Ende   auch keiner. So verstreicht     Frist um Frist, folgt  
der letzten Chance             noch   die allerletzte. Zunehmend  
verzweifelt sucht Europa   nach dem Notausgang - dem Exit vor dem  
Grexit. Doch so oder so bleibt  die griechische Tragödie  ein Drama  
in der Dauerschleife. Zugleich wachsen   die Ungeduld und  der Druck  
stetig. In den Verhandlungskreisen wie unter den Bürgern Europas. Und 
erst recht in Griechenland, wo  die Folgen der Krise für die Menschen mehr...
 
Stuttgarter Nachrichten: zu Flüchtlingen Stuttgart (ots) - Deutschland legt zu Recht Wert darauf, dass die  
Aufnahme von Flüchtlingen nicht dem Zufall überlassen wird oder den  
wenigen Ländern, die sich überhaupt um sie kümmern. Denn für ein  
Mindestmaß an Ordnung ist es notwendig, diesen Fingerabdrücke  
abzunehmen und sie zu registrieren - nur dann lässt sich feststellen, 
ob der Betreffende schon einmal irgendwo einen Antrag gestellt hat  
und zurückgeschickt werden kann. Doch wer auf Länder wie Italien und  
Griechenland zeigt, die es damit nicht allzu genau nehmen, sollte  
sich mehr...
 
Westfalen-Blatt: zu 20 Jahre Srebrenica Bielefeld (ots) - Da sind sie wieder, die Bilder verzweifelter  
Menschen   am Zaun, die Gräber von fast 8000 systematisch  
erschossenen Jungen und Männern, die Gesichter der niederländischen  
Blauhelm-Soldaten, die  den Massenmord nicht verhinderten. Immerhin:  
Die beiden Hauptverantwortlichen für das größte Massaker in Europa  
nach 1945, die Serben-Führer  Radovan Karadzic; und Ratko Mladic,  
sowie  einige weitere befinden sich   beim  
UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag in  Haft. 14 andere wurden  
schon verurteilt, hunderte  aber mehr...
 
Rheinische Post: Kommentar / 
Sicherheit geht vor 
= Von Detlev Hüwel Düsseldorf (ots) - Der Unfall, der sich am Wochenende im  
sauerländischen Marsberg ereignete, ist überaus tragisch. Was eine  
fröhliche Feier in bewährter Schützen-Tradition hätte werden sollen,  
endete gleich zum Auftakt jäh auf blutige Weise. Kanonenteile töteten 
einen Menschen, den Schützenkönig. Die Gemeinde steht unter Schock.  
Der traurige Vorgang wirft eine Reihe von Fragen auf: Sind die  
Kanonen falsch bedient worden? Hatte der Kanonier ausreichend  
Erfahrung? Oder waren die Geräte defekt? Sind sie vor dem Einsatz  
überprüft worden, mehr...
 
 | 
 | 
 | Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
 
 LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
 durchschnittliche Punktzahl: 0
 Stimmen: 0
 
 
 
 |