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DER STANDARD-Kommentar: "Nicht nur die Reichen werden zahlen" von Günther Oswald

Geschrieben am 16-09-2014

Steuerreform: Dass der ÖGB auf nichtssagende Überschriften
setzt, ist kein Zufall (ET 17.09.2014)

Wien (ots) - Was könnte es Schöneres geben: eine Steuerreform, die
schon bei kleineren Einkommen eine jährliche Entlastung von 500 Euro
bringt, bei größeren sogar mehr als 3000 Euro. Und die Finanzierung
erfolgt so geschickt, dass der Durchschnittsbürger nichts davon
merkt: Also durch Vermögenssteuern von wirklich Wohlhabenden, das
Streichen unsinniger Steuergesetze und Doppelförderungen, Maßnahmen
gegen Steuerbetrug, Effizienzsteigerungen (das Wort darf in keinem
Konzept fehlen) und natürlich durch höheres Wachstum, das eintritt,
weil die Menschen mehr Geld im Börsel haben.

Noch oberflächlicher ist das Konzept der ÖVP-Arbeitnehmer (ÖAAB),
das eine Entlastung von 5,5 Milliarden Euro verspricht. Der ÖAAB
argumentiert allen Ernstes, dass man ohne neue Steuern auskommen und
die Entlastung nur durch "Reformen" finanzieren kann (der
Klassiker:_"Kompetenzbereinigung zwischen Bund und Ländern").

Dass sich die Arbeitnehmervertreter bei ihren Vorschlägen derart
auf nichtssagende Überschriften beschränken, ist kein Zufall. Die
Leute sollen in erster Linie über die Vorteile der niedrigeren
Steuertarife diskutieren, sagen die Gewerkschafter ganz offen. Und
nicht über die Frage, wer konkret wie viel zur Gegenfinanzierung
beisteuern soll. Eine derart große Steuerreform - egal ob es am Ende
vier oder sechs Milliarden Euro werden - wird aber nicht bewältigbar
sein, ohne dass es irgendjemand spürt.

Beispiel Doppelförderungen: Natürlich sind sie vorhanden und es
gibt gute Gründe, sie kritisch zu durchforsten. Nur: Hinter dem
abstrakten Begriff verbergen sich konkrete Familien oder Betriebe,
die die Förderungen lukrieren.

Beispiel Ausnahmen im Steuersystem: Natürlich gibt es sie zuhauf
(der Rechnungshof hat gar 558 ausgemacht) und es gibt gute Gründe,
deren Sinnhaftigkeit kritisch zu hinterfragen. Nur auch hier gilt:
Hinter jeder Regelung stehen konkrete Profiteure. Private Kranken-
und Unfallversicherungen sind steuerlich begünstigt. Ebenso die
private Pensionsvorsorge, Spenden an NGOs, der Kirchenbeitrag,
Firmenautos, Pendlerkosten, Überstunden, Wohnraumschaffung und und
und. Alles sinnlose und ungerechtfertigte Privilegien? Beispiel
Vermögenssteuern: Natürlich sind sie in Österreich vergleichsweise
niedrig. Die derzeit wahrscheinlichste Variante (auch wenn alle
Seiten dementieren), nämlich eine reformierte Grundsteuer, wird aber
nur schwer so konstruierbar sein, dass sie am Ende nicht auch
teilweise an den Mietern hängenbleibt.

Beispiel Beteiligung der Länder: Natürlich sind die föderalen
Strukturen enorm teuer. Drei Prozent des 33-Milliarden-Kuchens der
Länder einzusparen, wird wohl möglich sein, meint
Arbeiterkammer-Direktor Werner Muhm. Ist es auch. Aber wo kürzen dann
die Länder? Nur bei den (meist pragmatisierten) Landesbediensteten?
Wohl kaum.

Um nicht falsch verstanden zu werden: Eine Steuerreform ist
dringend notwendig. Die Belastung unter dem Titel Lohn- und
Einkommensteuer ist viel zu hoch. Das verleitet zu Schwarzarbeit und
dämpft das Wirtschaftswachstum. Es sollte aber nicht der Eindruck
erweckt werden, die Steuerreform gebe es zum Nulltarif. Wenn die
versprochenen Reformen ernst gemeint sind, werden sie spürbar sein -
und zwar nicht nur im Börsel von einigen wenigen Superreichen.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

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