| | | Geschrieben am 03-01-2014 Mittelbayerische Zeitung: Die Politik als Jobbörse /
Der nahtlose Wechsel eines Politikers in die Wirtschaft hat stets ein Geschmäckle. Der Fall Pofalla aber stinkt. Von Maria Gruber
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 Regensburg (ots) - Wer es auf einen bestimmten Job abgesehen hat,
 versucht, dem Wunscharbeitgeber so gut wie nur möglich zu gefallen.
 Wer keine oder zu wenige Stationen in seinem Lebenslauf aufzuweisen
 hat, die ihn für den potenziell neuen Job qualifizieren, hat entweder
 die Möglichkeit, seine Vita aufzupolieren oder ab sofort alles zu
 tun, was ihm den Weg zu dieser Arbeitsstelle ebnet. Umgekehrt steht
 es einem Unternehmen frei, eine Fachkraft zu locken, indem es
 Versprechungen oder gar Geschenke macht, die den Betrieb für den
 Arbeitnehmer attraktiver machen. Dieses Werben ist auf dem
 Arbeitsmarkt wohlerprobt und legitim - wird dieses Spiel jedoch
 zwischen Politik und Wirtschaft gespielt, bekommt es ein Geschmäckle
 - vor allem, wenn ein vormals hochstehender Politiker nahtlos in
 einen lukrativen Job in der freien Wirtschaft wechselt - der
 sogenannte Drehtüreffekt. Mehr als nur ein fader Beigeschmack bleibt
 in der Causa Pofalla, für den die Antikorruptionsorganisation
 "Transparency International" durchaus die richtigen Worte findet: Die
 Neuschafftung eines Postens für den Ex-Kanzleramtsminister in einem
 Staatskonzern, für den Ronald Pofalla auch noch als Chef-Lobbyist
 agieren soll, kann mit Fug und Recht als ein Zeichen für den Verfall
 der politischen Sitten gewertet werden. Das ist unverhohlener
 Lobbyismus und Vetternwirtschaft erster Klasse. Spektakuläre Wechsel
 von Politikern hat es natürlich schon vor Ronald Pofalla gegeben:
 Wohl bekanntestes Beispiel ist Gerhard Schröder, der kurz nach Ende
 seiner Kanzlerschaft einen Posten bei der russischen Gazprom-Tochter
 Nord Stream AG annahm. Nur wenige Monate nach dem Ausscheiden des
 Putin-Freunds aus der Politik wurde dann bekannt, dass er als Kanzler
 offenbar die Übernahme einer staatlichen Bürgschaft für einen
 Gazprom-Kredit angeregt hatte. Nur zwei Monate dauerte es, bis der
 Baukonzern Bilfinger Berger offiziell bekanntgab, den im August 2010
 zurückgetretenen hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch zum
 Vorstandsmitglied und später zum Vorstandsvorsitzenden des
 Unternehmens zu berufen. Dass die Auftragsvergabe diverser
 Bauprojekte am Frankfurter Flughafen damit in Verbindung stünde, was
 Kritiker behaupten, wurde bis heute nicht geklärt. Wegen des
 Anfangsverdachts der Vorteilsannahme im Amt wird gegen Eckart von
 Klaeden ermittelt. Dessen Wechsel in die Daimler AG wurde noch
 während seiner Tätigkeit als Merkels Staatsminister bekannt. Dank der
 Jobbörse Politik ist nun auch der frühere Kanzleramtsminister - und
 Noch-Bundestagsabgeordnete - Ronald Pofalla versorgt. Dabei hatte er
 bei seinem überraschenden Rückzug aus der ersten Reihe der
 Bundespolitik treuherzig angekündigt, in Zukunft mehr Gewicht auf
 sein Privatleben legen zu wollen. Anstatt dessen schafft die Bahn nun
 offenbar einen eigens auf Pofalla zugeschnittenen, millionenschweren
 Posten, der ihm etwa 1,3 bis 1,8 Millionen Euro pro Jahr, ein
 Vielfaches seines bisherigen Gehalts, bringt. Dafür wird er seinen
 Einfluss und seine Kontakte, die er als langjähriger Vertrauter von
 Bundeskanzlerin Merkel zweifellos hat, im Interesse der Bahn geltend
 machen und den ein oder anderen unangenehmen Beschluss zu verhindern
 wissen. Bleibt die Frage, ob Pofalla bereits als Kanzleramtsminister
 für die neue Stelle in Vorleistung gegangen ist. Die SPD kann nun
 zeigen, wie ernst es ihr war, als sie vor der Bundestagswahl eine
 18-monatige Karenzzeit für scheidende Regierungsmitglieder gefordert
 hatte. Sie muss nun darauf bestehen, dass die große Koalition nicht
 nur - wie im Koalitionsvertrag festgeschrieben - über die Einführung
 einer solchen Ruhezeit für Politiker, die in die Wirtschaft wechseln,
 nachdenkt. Der Beziehung zwischen Union und SPD würde das sicher
 nicht gut tun, für die politische Kultur Deutschland allerdings wäre
 es ein Segen.
 
 
 
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 Mittelbayerische Zeitung
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