Mittelbayerische Zeitung: Peinliche Posse / Windige Kriminalgeschichte statt spannender Krimi: Behörden und Politik blamieren sich im Fall Gurlitt. Von Christine Straßer
Geschrieben am 18-11-2013 |   
 
 Regensburg (ots) - Der Schwabinger Kunstfund stürzt Justiz und  
Politik in ein täglich tiefer werdendes Dilemma. Womöglich kann die  
Augsburger Staatsanwaltschaft dem Kunsthändlersohn Cornelius Gurlitt  
keine Steuervergehen anlasten. Die Behörden streiten sich über die  
Verantwortung dafür, dass die beschlagnahmten 1406 Werke 20 Monate  
unter Verschluss blieben. Der Kunstkrimi hat sich in eine Posse  
verwandelt. Seit mehr als einem Jahr wusste das bayerische  
Justizministerium bis in höchste Kreise hinein Bescheid über den  
Bilderfund. Die frühere Ressortchefin Beate Merk bestätigte das der  
Süddeutschen Zeitung. Zweimal - im April und im August 2012 - sei ihr 
Ministerbüro mit dem Fall befasst gewesen. Unverständlich: Der  
Ministerin wurde diese Information nicht weitergegeben. Sagt sie  
zumindest. Auch der damalige Kunstminister Wolfgang Heubisch will  
seinerzeit von dem Fund "nicht den blassesten Schimmer gehabt" haben. 
Erst aus den Medien habe er davon erfahren. Die Bayerische  
Staatsgemäldesammlung soll aber bereits bei der Beschlagnahmung der  
Werke Ende Februar/Anfang März 2013 eingeschaltet worden sein. Warum  
sie den Minister nicht informierte? Weil es geheißen habe, die  
weitere Forschung übernehme Berlin. Vollends grotesk wird die  
Geschichte, wenn man sich ansieht, wie Bayern und Berlin versuchen,  
sich die Verantwortung zuzuschieben. Zuerst die Darstellung des  
Justizministeriums in München: Demnach soll auch das Berliner  
Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen mit dem  
Fall Gurlitt befasst sein. Das Amt, das zum Geschäftsbereich von  
Finanzminister Wolfgang Schäuble gehört, kümmert sich um die Rückgabe 
von Kulturgütern, die während der NS-Zeit ihren Besitzern abgepresst  
worden sein könnten. Bayerns Justizressort zufolge informierte die  
Staatsanwaltschaft Augsburg das Amt bereits während der  
Beschlagnahmung der Bilder telefonisch über den Fund. Auch danach  
habe es einen engen Kontakt gegeben. Diese Darstellung wies das Amt  
umgehend zurück. Man habe erst im November aus den Medien "von dem  
konkreten Ausmaß und den Hintergründen des Falles erfahren". Am 12.  
November hatten sich die Grünen im bayerischen Landtag mit einer  
Anfrage an die Staatsregierung gewandt. Sie wollten wissen, warum die 
Öffentlichkeit und mögliche Erben nicht früher über den Fund  
informiert wurden. Die Antwort der Ministerien für Justiz und für  
Bildung, Kultur, Wissenschaft und Kunst: "Grund für die bisherige  
Nichtveröffentlichung waren für die Staatsanwaltschaft  
kriminaltaktische Erwägungen, das Steuergeheimnis, die  
strafrechtliche Unschuldsvermutung und die zivilrechtliche  
Eigentumsvermutung zugunsten des Beschuldigten." Die Vorwürfe gegen  
Cornelius Gurlitt, er habe Steuern hinterzogen, werden sich kaum  
halten lassen. Gurlitt soll in Österreich für "bescheidene Einkünfte" 
Steuern gezahlt haben. Damit wäre der deutsche Fiskus gar nicht  
zuständig. Gurlitt wird im österreichischen Melderegister mit  
Hauptwohnsitz Salzburg geführt. Gurlitt erhebt nun in einem  
Spiegel-Artikel schwere Vorwürfe gegen die Augsburger  
Staatsanwaltschaft. Er habe bisher weder eine Anklageschrift  
bekommen, noch habe der Staatsanwalt nach der ersten Vernehmung je  
wieder Kontakt mit ihm gesucht. Auch was mit den Bildern geschehe,  
werde ihm nicht mitgeteilt. Bundesjustizministerin Sabine  
Leutheusser-Schnarrenberger hält diese Kritik zum Teil für  
berechtigt. Sie räumt Versäumnisse ein. Das alles wirft ein  
schlechtes Licht auf die Ermittler. Gurlitt erklärt in dem  
Spiegel-Artikel weiter, dass er keinen Anwalt habe. Er braucht  
keinen, glaubt er. 
 
 
 
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