Börsen-Zeitung: Aus dem Gleichgewicht, Kommentar zum Europäischen Semester von Detlef Fechtner
Geschrieben am 13-11-2013 |   
 
 Frankfurt (ots) - Das war gestern schon eine sonderbare  
Veranstaltung. Die EU-Kommission gibt den Startschuss für das  
Europäische Semester - also für jene Übung, die sichtbarer Ausdruck  
sein soll, dass sich die EU-Staaten wirtschaftspolitisch enger  
abstimmen. Doch der Eindruck, den der Auftritt der EU-Granden vor der 
Presse hinterlässt, ist, dass Europa wirtschaftspolitisch zerstritten 
ist. 
 
   Als erster Schritt wurden zum Auftakt des neuen Turnus jene Länder 
herausgepickt, deren ökonomische Entwicklung Risiken für die Nachbarn 
darstellen. Und was passiert? In der Pressekonferenz dreht sich  
merkwürdigerweise alles nur um ein Land: Deutschland. Die einen  
wollen neugierig (und nicht ganz ohne Häme) wissen, wann Deutschland  
denn nun endlich wegen seines Leistungsbilanzüberschusses Strafe  
zahlen müsse. Die anderen fragen verwirrt (und nicht ganz ohne Groll) 
nach, warum das denn überhaupt strafbar sein solle. Zwischendrin  
versuchen EU-Kommissar Olli Rehn und EU-Kommissionschef José Manuel  
Barroso die Wogen zu glätten und wiederholen gebetsmühlenhaft, dass  
sich die eingeleitete Untersuchung ja nicht gegen die deutsche  
Wettbewerbsfähigkeit richte. Barroso sagt gar, dass "wir gerne mehr  
Deutschlands in Europa" hätten. 
 
   Aber da nun einmal die Indikatoren - auch der  
Leistungsbilanzüberschuss - über den Schwellenwerten lägen, bliebe  
der EU-Behörde gar nichts anderes übrig, als eine vertiefte Prüfung  
anzuordnen. Das müssten doch gerade die Deutschen verstehen, die  
gemeinhin streng auf die Einhaltung von Regeln pochten. Die Lehre des 
gestrigen Tages ist: In Europa ist einiges aus dem Gleichgewicht -  
und zwar eben nicht nur Leistungsbilanzen. Dass allein über  
Überschüsse geredet wurde, ist ein Defizit - ein strukturelles,  
politisches. Die Idee, nationale Wirtschaftspolitik von Brüssel aus  
zu bestimmten Maßnahmen zu veranlassen, läuft ins Leere, solange  
bereits die Auswahl der Länder für die vertiefte Prüfung öffentlich  
als Strafgericht wahrgenommen wird. Anders gesagt: Es ist naiv zu  
glauben, dass durchaus bedenkenswerte Maßnahmen wie  
Steuervergünstigungen für Investitionen oder die Öffnung von  
Dienstleistungsmärkten dadurch befördert oder gar erzwungen werden  
können, dass die EU implizit mit einem Verfahren droht, das sie  
ohnehin nie eröffnet. Der Versuch regelgebundener Steuerung stößt bei 
Ungleichgewichten - anders als bei Defiziten - schnell an Grenzen.  
Das Europäische Semester funktioniert längst nicht so gut, wie es  
ständig behauptet wird. 
 
 
 
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