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Lausitzer Rundschau: Zu SPD/Programmdiskussion: Suche nach Orientierung

Geschrieben am 24-04-2006

Cottbus (ots) - Die Lausitzer Rundschau, Cottbus, zu
SPD/Programmdiskussion:

Grundsatzprogramme sind nicht gerade eine vergnügliche Lesekost.
Von ihrer Breitenwirkung ganz zu schweigen. Was die SPD angeht, so
lebt sie seit fast 17 Jahren mit einem programmatischen Grundgerüst,
das schon bei seiner Drucklegung politisch überholt war. In den
Leitsätzen von 1989 kommt die deutsche Einheit nur am Rande vor. Die
wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Herausforderungen in
Zeiten der Globalisierung sind ebenfalls kein Thema. Es geht also
auch ohne Grundsätzliches, könnte man schließen. Dabei ist gerade die
SPD der lebende Beweis dafür, wie krank eine Traditionspartei sein
kann, wenn sie an programmatischer Orientierungslosigkeit leidet.
An Reparaturversuchen herrschte in der Vergangenheit sicher kein
Mangel. Doch die programmatische Neuausrichtung fiel wahlweise
parteiinternen Richtungskämpfen oder häufigen Wechseln an der
Parteispitze zum Opfer. So gesehen ist schon die Tatsache
bemerkenswert, dass sich die SPD nicht vom Kurzzeit-Vorsitzenden
Matthias Platzeck aus dem Tritt bringen ließ und der programmatische
Staffelstab ohne Getöse an seinen Nachfolger Kurt Beck überging: Der
Brandenburger hinterließ eine Skizze zum neuen Grundsatzprogramm, die
der Rheinland-Pfälzer allenfalls um ein paar Nuancen bereicherte.
Freilich steht Kurt Beck nicht im Verdacht, zu den großen politischen
Ideen-Produzenten zu gehören.
Ein "Bruch" mit sozialdemokratischen Leitbildern ist aus Becks Sicht
unnötig. So lange es nur um Worthülsen wie Freiheit, Gerechtigkeit
und Solidarität geht, mag das stimmen. Um- so mehr deuten sich die
Umbrüche bei ihrer inhaltlichen Ausfüllung an. Was heißt Solidarität
und Gerechtigkeit im 21. Jahrhundert? Und wer soll wie viel dafür
bezahlen? Was kann der einzelne Staat überhaupt noch politisch
ausrichten? Was muss Sache des Marktes sein? Wenn die SPD künftig den
"vorsorgenden Sozialstaat" propagieren will, dann gesteht sie ein,
dass ihr Leitbild von der alimentierenden Sozialpolitik ausgedient
hat. Wenn die SPD steigenden Investitionen in Bildung, Forschung und
Infrastruktur das Wort redet, dann muss sie auch ein schlüssiges
Finanzierungskonzept dazu anbieten. Genau das lässt Beck aber
vermissen.
Es ist sein zweifelhaftes Verdienst, dass die Menschen mit der
Programmdiskussion der SPD bislang nur das Reizwort Steuererhöhung
verbinden. Eine Anhebung der Steuern nur zum Stopfen von
Haushaltlöchern wäre verheerend. Eine finanzielle Umschichtung - mehr
Steuern, weniger Sozialbeiträge - ist dringend geboten, um die
Arbeitskosten zu entlasten und so für nachhaltiges Wachstum zu
sorgen.
Wie ernst es der SPD um diesen Vorsatz ist, wird sich nicht an
wohlfeilen Worten in einem neuen Grundsatzprogramm zeigen. Ein
praktischer Gradmesser ist die Gesundheitsreform. Auch hier geht es
darum, ob die steigenden Kosten nur von den Beitragszahlern oder von
den Steuerzahlern aufgebracht werden sollen. Die SPD muss zeigen,
dass sie die Kraft zum Umsteuern hat. Ansonsten droht ihr der
politische Niedergang.

Originaltext: Lausitzer Rundschau
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=47069
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_47069.rss2

Rückfragen bitte an:
Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481231
Fax: 0355/481247
lr@lr-online.de


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