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LVZ: Ende der Willkür

Geschrieben am 05-02-2007

Leipzig (ots) - Von André Böhmer
Mit ihrem Beschluss zu heimlichen Online-Durchsuchungen haben die
Karlsruher Richter der Vision vom gläsernen Bürger zumindest etwas
von ihrem Schrecken genommen. Niemand, der zum Beispiel nach
Feierabend ohne kriminelle Absichten durch das World Wide Web surft,
muss sich nun sorgen, dass verdeckte Trojaner auf seiner Festplatte
die angeklickten Seiten aufstöbern und an Ermittlungsbehörden melden.
Die Bundesrichter stoppen damit das Hacken unter staatlicher Aufsicht
und somit auch die komplette Aushebelung der Privatsphäre. Schon
deshalb verdient der Beschluss das Prädikat bemerkenswert. Geschützt
wird zudem ein hohes Gut der Demokratie - die Pressefreiheit.
Redakteure, die bei brisanten Themen im Internet recherchieren,
können nun davon ausgehen, dass ihre Quellen geschützt bleiben.
Nachdem Strafverfolgungsbehörden schon Redaktionsräume durchwühlten
und Unterlagen beschlagnahmten, ist ihrer Willkür endlich ein
gesetzlicher Riegel vorgeschoben worden.
In dem Zusammenhang kann auch die gerichtliche Schlappe für Sachsens
Justizminister Mackenroth als Erfolg für die Pressefreiheit gelten.
Das Dresdner Landgericht hatte in einem gestern bekannt gewordenen
Beschluss das Ausforschen der Telefondaten von Journalisten als
rechtswidrig eingestuft. Der Zweck - in dem Fall die Aufdeckung einer
undichten Stelle in der sächsischen Anitkorruptionseinheit Ines -
heiligt eben nicht alle Mittel der Ermittlungsbehörden. Selbst wenn
dies mit dem Wissen des zuständigen Ministers geschieht. Der Dresdner
Beschluss ist wie der von Karlsruhe mithin ein ermutigendes Zeichen.
Dass die Bundesrichter ihre Augen nicht vor der Realität
verschließen, beweist zudem ihre Aufforderung an den Gesetzgeber,
klare Rechtsgrundlagen für Online-Durchsuchungen zu schaffen. Bei
schweren Verbrechen wie Terror-Vorbereitungen und Kinderpornografie
kann bei dringendem und vor allem konkreten Tatverdacht das Internet
als Ermittlungsraum nicht ausgespart werden. Das wäre blauäugig und
fahrlässig. Schließlich ist neben dem Schutz der Privatsphäre auch
der Schutz vor kriminellen Machenschaften eine Aufgabe, die der Staat
gegenüber seinen Bürgern zu übernehmen hat. Genau diesen Spagat muss
die Politik jetzt mit einer Gesetzgebung schaffen. Denn es wäre ein
Pyrrhus-Sieg für die Bürgerrechte, wenn durch den Karlsruher
Beschluss der Fahndungsdruck auf Schwerverbrecher nachlassen würde.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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