(Registrieren)

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur Gesundheitsreform

Geschrieben am 02-02-2007

Leipzig (ots) - Konfuzius sagt: Zuerst verwirren sich die Worte,
dann verwirren sich die Begriffe, und schließlich verwirren sich die
Sachen. Die Weisheit des fernöstlichen Philosophen lässt uns
verstehen, warum nach ungezählten Krisengipfeln, Elefantenrunden und
Nachtsitzungen ein "Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der
gesetzlichen Krankenversicherung" herauskam. Ein Gesetz, das weder
das Gesundheitssystem stärkt noch einen Wettbewerb einläutet noch vom
Großteil der Bundesbürger verstanden wird oder gewollt ist.
Das 250 Seiten starke Regelwerk geht dennoch in die Geschichte des
deutschen Parlamentarismus ein: Als eine Reform, bei deren
Verabschiedung sich die meisten Abgeordneten wünschen, dass die
wichtigsten Teile so nie in Kraft treten. Und als ein Beschluss, der
die Entmachtung des Bundestages erschreckend vor Augen führt.

Wenige Abgeordnete wussten nach der Lektüre im Eiltempo genau,
über was sie eigentlich abstimmen sollten. Geschweige, dass einer
noch durchblickte, in welcher Kungelrunde eigentlich was beschlossen
wurde. Wer hat nochmal den wettbewerbsfeindlichen
Kasseneinheitsbetrag und so den Einstieg in die Staatsmedizin
durchgeboxt? Wo wurde der unsinnige Basistarif ausgehandelt, der als
trojanisches Pferd die Privatkassen kaputt machen soll? Gut 20
Abgeordnete im gesamten Bundestag verstehen wirklich etwas vom
deutschen Gesundheitssystem. Doch auf ihren Rat wurde weitgehend
verzichtet. Die Grundlinien der Reform gaben nicht sie, sondern das
Freundinnen-Duo Angela Merkel und Ulla Schmidt vor. Spötter nennen
sie nicht zu Unrecht bereits das "Mulla"-Regime.

Einig waren sich am Ende fast alle Beteiligten und Betroffenen,
dass es so eigentlich nicht geht. Doch der Widerstand in den
CDU-/SPD-Reihen beschränkte sich auf ein paar Dutzend Nein-Stimmen.
Die Mehrheit in den Regierungsfraktionen nickte nur noch entnervt ab
- schließlich ging es neben der Sache noch um den eigenen Machterhalt
und um die Zukunft der Kanzlerin. Das aber SPD-Fraktionschef Peter
Struck ausgerechnet die Experten im Gesundheitsausschuss für ihre
ablehnende Haltung abstrafen will, lässt tief in das
Demokratieverständnis der Spitzengenossen blicken. Es ist ein
schlechter Witz, wenn Struck verlangt, die Fachleute im Ausschuss
hätten sich dem Mehrheitswillen der Fraktion zu beugen. Stallregie
contra Sachverstand - wie war das mit der Gewissensentscheidung jedes
Abgeordneten? Längst vergessen, bei den Genossen gilt nach wie vor
Schröders Basta-Gesetz.

Nach dieser Reform-Missgeburt schielen die einen schon auf den
Rettungshafen Bundestagwahl, die anderen hoffen auf einen heilsamen
Richterspruch aus Karlsruhe. Es ist zudem nicht ausgeschlossen, dass
in einem andersfarbigen Regierungsbündnis nach 2009 die
SPD-Bürgerversicherung oder CDU-Kopfpauschale doch noch Realität
werden kann. Konfuzius sagt: Der Weg ist das Ziel - wenn das Ziel
fern ist, ist der Weg lang. Es wäre gut, wenn bei der nächsten
Gesundheitsreform zumindest ein klares Ziel erkennbar wird.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/2181 1558


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

52616

weitere Artikel:
  • Rheinische Post: Rezept für den Klima-Patienten Düsseldorf (ots) - Der Bericht der UN-Klimabehörde erinnert an das Ergebnis eines Arzt-Besuchs. Der Mediziner hat einen Patienten auf Herz und Nieren untersucht und musste ihm eine bittere Diagnose stellen: Wenn Sie so weiter leben, werden Sie nicht alt. Nun ist es am Patienten zu entscheiden, ob er das gesünderes Leben wählt oder den Rat des Arztes in den Wind schlagend auf einige Lebensjahre verzichtet. Das Leben eines Schwerkranken ändert sich dramatisch, wenn er den Kampf gegen die Krankheit aufnimmt. So wird es auch uns gehen, wenn mehr...

  • Rheinische Post: Gesundheits-Murks Düsseldorf (ots) - Von Eva Quadbeck Die große Koalition hat bei der Gesundheitsreform ihre selbst gesteckten Ziele weit verfehlt. Aus dem angekündigten großen Wurf ist ein großer Murks geworden. Es ist nicht gelungen, die Kosten für die Gesundheit von den Arbeitskosten abzukoppeln. Es ist nicht gelungen, das drittteuerste Gesundheitssystem der Welt auf Sparkurs zu setzen. Es ist auch nicht gelungen, mehr Wettbewerb einzubringen. Der Gesundheitsfonds sorgt für weniger und nicht für mehr Wettbewerb. Zugleich zieht der Staat mehr Macht mehr...

  • Rheinische Post: Ruhrkampf der SPD Düsseldorf (ots) - Von Gerhard Voogt Hannelore Kraft war gestern bestens gelaunt, als sie den Gelsenkirchener Oberbürgermeister Frank Baranowski als neuen Sprecher der Ruhr-SPD vorstellte. Es läuft gut für die Chefin der NRW-SPD. Beim Thema Kohle hat sie die unverhoffte Gelegenheit beim Schopf ergriffen, Ministerpräsident Jürgen Rüttgers die Rolle des Arbeiterführers abzuluchsen. Die SPD kämpft an der Seite der Bergleute, die CDU klaut den Kumpels den Job - eine Botschaft, die Emotionen auslöst, eingängig ist und polarisiert. Wie geschaffen, mehr...

  • Rheinische Post: Durchbruch bei Verhandlungen zum Bleiberecht Düsseldorf (ots) - Nach wochenlangem Streit ist der Koalition ein Durchbruch beim Thema Bleiberecht gelungen. Nach Informationen der "Rheinischen Post" (Samstagausgabe) hat am Freitag eine dreistündige Spitzen-Runde mit Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Fachpolitikern von Union und SPD in Kernpunkten eine Einigung erzielt. Es soll eine eigenständige Bleiberechtsregelung geben für Jugendliche ab dem 14. Lebensjahr, deren Eltern ausreisepflichtig oder bereits ausgereist sind. Voraussetzung: Die Jugendlichen müssen integriert mehr...

  • Westdeutsche Zeitung: DGB-Chef Sommer kritisiert Münteferings "Basta-Politik" Düsseldorf (ots) - DGB-Chef Michael Sommer hat den Politikstil von Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) kritisiert. Dieser betreibe "eine Basta-Politik wie früher Bundeskanzler Gerhard Schröder", sagte Sommer der "Westdeutschen Zeitung" (Samstag) in einem Interview. Sommer bezieht sich dabei vor allem auf die Rente mit 67, deren Umsetzung Müntefering vorantreibt. Die Rente mit 67 sei ein reines Rentenkürzungsprogramm. "Aber die Republik schluckt das nicht." Das Arbeitsverhältnis zwischen dem DGB und Bundeskanzlerin Angela mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht