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Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema Koalitionsvertrag:

Geschrieben am 25-10-2009

Bielefeld (ots) - Die Wirtschaft zeigt sich zufrieden. Opposition,
Gewerkschaften und Sozialverbände üben Kritik. Diese Reaktionen auf
den Koalitionsvertrag überraschen nicht. Doch was ist von dem
124-seitigen Katalog aus Beschlüssen und Absichtserklärungen zu
halten?
Für alle drei Parteien ist etwas dabei, alle drei Partner mussten
aber in den Verhandlungen auch Federn lassen. Einen strahlenden
Sieger sucht man vergebens, allen Inszenierungsversuchen von FDP-Chef
Guido Westerwelle zum Trotz. Seine Liberalen haben vor allem in
Sachen Steuern und Gesundheit gepunktet. Bei Arbeit und Soziales hat
hingegen die CDU die Musik bestimmt. Soziale Kälte? Von wegen. Da
waren NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers und die Kanzlerin Angela
Merkel höchstpersönlich davor.
Am wenigsten Grund zur Freude dürften wohl die CSU und ihr
Parteichef Horst Seehofer haben. Das aber ist nur konsequent, ruft
man sich das schwache Wahlergebnis der Bayern in Erinnerung.
Der Koalitionsvertrag ist von vielem etwas und von nichts zu viel.
Die versprochenen Steuerentlastungen kommen, dafür müssen die
Menschen mit steigenden Sozialversicherungsbeiträgen rechnen.
Zunächst halten sich die Zumutungen in Grenzen, doch der Schuldenberg
wächst. Der Sparwille ist komplett auf der Strecke geblieben. Wer von
einer schwarz-gelben Bundesregierung mit eigener Bundesratsmehrheit
ein »Durchregieren« erwartet hatte, kann enttäuscht sein.
Gleichwohl ist der Vertrag kein bloßes »Weiter so«. Dafür gab es
zwischen Union und FDP einfach in zu vielen Bereichen schon vor der
Wahl grundsätzliche Übereinstimmung. Entsprechend geräuschlos gingen
Beschlüsse wie beispielsweise die Reform der Unternehms- und
Erbschaftssteuer oder die längere Laufzeit von Atomkraftwerken über
die Bühne.
Besonders Angela Merkel wird diese Mischung aus Kontinuität und
Wandel gut gefallen. So kann sie ihre neue Kanzlerschaft antreten,
ohne dass alles in Bausch und Bogen verdammt wäre, was in vier Jahren
Großer Koalition unter ihrer Führung auf den Weg gebracht worden ist.
Überhaupt folgt der Koalitionsvertrag der Methode Merkel. Für sie ist
Politik kein Projekt, sondern ein Prozess. Nicht erst in der
Wirtschaftskrise hat die Kanzlerin für sich das Fahren auf Sicht
entdeckt und damit ausgesprochen gute Erfahrungen gemacht.
Entsprechend viel ist im Koalitionsvertrag vertagt. Noch mehr folgt
der Hoffnung, dass eine sich erholende Wirtschaft das Regieren
leichter macht. Geht diese Rechnung auf, bietet der Vertrag Union und
FDP reichlich Gestaltungsspielraum. Geht die Rechnung nicht auf, ist
er in weiten Teilen das Papier nicht wert, auf dem er geschrieben
steht. Die ernüchternde Einschätzung des neuen Finanzministers
Wolfgang Schäuble in Sachen Staatsfinanzen spricht hier Bände.
»Wachstum. Bildung. Zusammenhalt« ist der Koalitionsvertrag ungelenk
überschrieben. Ein sinnfälligeres Geleitwort hätte heißen können:
»Wir müssen mal sehen.«

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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