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Berliner Morgenpost: Koalition ohne Geldgießkanne - Leitartikel

Geschrieben am 04-10-2009

Berlin (ots) - Man weiß nicht, wie lange das gut geht, aber ein
wenig sortiert hat die SPD sich ja wieder, zumindest personell. Zeit
also, sich dem weniger spektakulären, aber für das Land in den
kommenden vier Jahren deutlich relevanteren Teil des neuen Bundestags
zuzuwenden. Union und FDP haben schließlich auch ein Recht darauf,
kritisch beäugt zu werden bei ihrer Tätigkeit.
Man sieht hier, auf der derzeit fröhlichen Seite unseres
Parteiensystems, dass ein paar vertraute Mechanismen schon wieder
ganz gut zu greifen beginnen. Kaum hat der Wähler sein Kreuz an der
richtigen Stelle gemacht, da beginnen die kleinen politischen
Schummeleien. Zum Beispiel wird steif und fest behauptet, dass
Personalien nicht jetzt debattiert würden, sondern viel später, wenn
die schwarz-gelben Inhalte sortiert seien.
Das entspricht so wenig der Wahrheit, wie es originell ist. Natürlich
müssen sich die, die was werden oder bleiben wollen, jetzt in
Stellung bringen lassen. Andernfalls ist der Zug abgefahren, und Herr
oder Frau Möchtegern-Minister guckt dumm. Des Weiteren agieren einige
Akteure so, als gäbe es ganz gut was zu verteilen in den kommenden
vier Jahren. Auch das entspricht nicht so recht den Tatsachen. Die
schwarz-gelbe Koalition wird auf Dauer eine Konsolidierungskoalition
sein und dabei unter anderem Antworten auf folgende Fragen finden
müssen: Wie stopft man die in der Krise entstehenden
Milliarden-Löcher, ohne der Wirtschaft, auf die es dabei ja auch
ankommt, die Luft abzudrehen? Wie wollen die Damen und Herren in
Schwarz-Gelb das finanzielle Überleben der Arbeitsagentur, der
allgemeinen Gesundheitsversorgung, der Rentenversicherung dauerhaft
sicherstellen angesichts der absehbaren dramatischen Einnahmeausfälle
dieser Staatspfeiler? Was soll passieren auf den weicheren
Politikfeldern, in der Bildungs-, in der Familienpolitik? Die Zeiten,
in denen Frau von der Leyen gut gelaunt mit der Geldgießkanne durch
die Balkonkästen der großen Koalition gezogen ist, sind vorbei. Man
wird Erfolge nicht mehr aus der Macht der Geldspeicher schöpfen
können, sondern richtig was tun müssen, wenigstens braucht es ein
paar gute Ideen. Ansonsten wird es bitter für die Beteiligten.
Jürgen Rüttgers zum Beispiel trippelt schon nervös auf der Stelle.
Der mittlerweile geerdete, einstige Zukunftsminister weiß, dass er
sein Amt als nordrhein-westfälischer Ministerpräsident im Grunde
einer Laune der deutschen Geschichte zu verdanken hat: Im roten,
heute womöglich auch rot-roten Nordrhein-Westfalen konnte er nur
reüssieren, weil die Regierung Schröder gerade das Notwendige
nachholte.
Es wird großer merkelscher Regierungskunst bedürfen oder einer im
Grunde unverantwortlichen, kreditfinanzierten Weiter-so-Politik, um
Rüttgers nächstes Jahr im Amt zu halten gegen ein dann an Rhein und
Ruhr mögliches rot-rot-grünes Bündnis. Denn das dürfte spätestens
nach Wowereits öffentlicher Kampfansage an die Agenda 2010 klar sein:
Die SPD wird für neue Wahlerfolge zur Not auch noch den eigenen
Großvater verkaufen; den Altkanzler Schröder gäbe es umsonst dazu.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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