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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Münteferings Merkel-Kritik

Geschrieben am 16-08-2009

Bielefeld (ots) - Der Meister der kurzen Sätze hat seinen Meister
gefunden - oder besser: seine Meisterin. Franz Müntefering
verzweifelt an Angela Merkel. Anders ist die politische
Kurzschlusshandlung des SPD-Parteichefs vom Wochenende kaum zu
erklären.
Sein Vorwurf, der Kanzlerin sei die Arbeitslosigkeit egal, ist gleich
in zweifacher Hinsicht unsinnig. Die Bundeskanzlerin hatte ihren
SPD-Herausforderer Frank-Walter Steinmeier lediglich dafür
kritisiert, dass der in seinem Deutschland-Plan die Zahl möglicher
neuer Arbeitsplätze mit vier Millionen beziffert hatte. Das sei
unredlich, befand Merkel. Ihr Argument: Mit dem konkreten Ziel
gaukele die Politik eine Kompetenz vor, die sie nicht habe.
In der Tat sind es die Allmachtsphantasien der Politiker, die die
größten Enttäuschungen bei den Bürgern verursachen. Wenn aber aus
Wahlversprechen zu oft Wahlversprecher werden, darf sich die Politik
nicht wundern, dass sich das Publikum mit Grausen wendet.
In ihren Amtsvorgängern Helmut Kohl und Gerhard Schröder hat die
Kanzlerin zwei sinnfällige Beispiele vor Augen, wie sich deutsche
Regierungschefs an zu ehrgeizigen Zielen auf dem Feld der
Arbeitsmarktpolitik verheben können. Dass aber auch die Union - wie
übrigens jede seriöse andere politische Gruppierung in diesem Lande
auch - die Zahl der Menschen ohne Job möglichst schnell und möglichst
nachhaltig reduzieren will, dürfte sich von selbst verstehen.
Anders gesagt: Vollbeschäftigung ist kein politisches Ziel, das man
in ein Wahlprogramm schreiben muss. Viel eher muss es den Parteien
darum gehen, wie dieses Ziel mit Steuerpolitik und Investitionshilfen
befördert werden kann und was auf dem Weg dahin an flankierenden
Maßnahmen notwendig ist, womit man schließlich auf dem weiten Feld
der Sozialpolitik angekommen wäre.
Geradezu absurd wird Münteferings Attacke vor dem Hintergrund der
Sympathiewerte, die Angela Merkel Woche um Woche einheimst. Sicher,
die SPD ist zum Angriff verdammt, und ihr Parteichef muss dabei den
Mittelstürmer geben. Rempler mögen Müntefering, der so gern in der
Sprache des Fußballs spricht, nachgesehen werden, üble Fouls aber
nicht. Erst recht, wenn sie den absoluten Publikumsliebling treffen.
Spätestens seit der Europawahl sollten die Sozialdemokraten wissen,
dass eine Strategie nach dem Motto »Die Anderen sind die Bösen« wenig
Erfolg verspricht. Das gilt auch für die künstliche Aufregung, die
die Genossen um das Althaus-Solo zum Soli erzeugt haben. Im
Zusammenhang gelesen, ist an der Aussage des thüringischen
Ministerpräsidenten herzlich wenig zu monieren. Mit gespielter
Empörung lassen sich allerhöchstens alte Klischees von Wessis und
Ossis bedienen.
Im Wahlkampf ist es wie im richtigen Leben: Übermut ist ein
schlechter Begleiter, Angst aber ein noch schlechterer. Nimmt man das
Wochenende zum Maßstab, muss die Angst der SPD vor einem Debakel am
27. September riesengroß sein.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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