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Südwest Presse: Kommentar zu Union

Geschrieben am 28-06-2009

Ulm (ots) - Angela Merkel hätte dieses Mal gern auf ein
Wahlprogramm verzichtet, denn die zentrale Botschaft der Union
lautet: Auf die Kanzlerin kommt es an. Sie steht im Mittelpunkt der
Kampagne, der Rest ist eigentlich überflüssiges Beiwerk, personell
wie inhaltlich. Die Vorsitzende hat sich ihre CDU in den letzten
Jahren geschickt auf die Bedürfnisse einer Regierungschefin
zugerichtet, die einen loyalen Wahlverein braucht, aber keinen Disput
über Grundsätze und Reformen. Nicht einmal eine schmucke Riege von
Ministerpräsidenten, die dem Machtwillen der Frontfrau nachhaltiger
zu widersprechen wagen als für die Dauer eines Interviews, gedeiht in
ihrem Schatten.
Nun hat sich Angela Merkel immerhin ein gemeinsames
Regierungsprogramm von CDU und CSU abtrotzen lassen, aus dem die
Schwesterparteien ihren Anspruch ableiten, Deutschland auch in den
nächsten vier Jahren durch die schwerste Wirtschaftskrise seit
Bestehen der Bundesrepublik zu führen. Doch wer erwartet, dass auf
den 60 Seiten hinreichend deutlich wird, auf welchem Kurs die
Kanzlerin ihre Wunschkoalition mit der FDP zu lenken gedenkt, wird
enttäuscht.
Offenbar lastet das Trauma des Wahljahres 2005 noch tonnenschwer auf
Angela Merkel. Damals zog die Union mit einem ausgeprägt
wirtschaftsfreundlichen Konzept in die Schlacht gegen Rot-Grün. Das
steuerpolitische Leitmotiv wurde intoniert von Paul Kirchhof, jenem
"Professor aus Heidelberg", der den Genossen als neoliberales
Feindbild gerade recht kam, um das scheinbar aussichtslose Gefecht
noch in letzter Sekunde zu gewinnen. Fast wäre Gerhard Schröder und
seiner SPD das sogar gelungen. Jedenfalls glaubt die CDUChefin
seither, dass es klüger ist, einen Wahlkampf mit Tarnkappe zu führen
und unter dem Radarschirm einer kritischen Öffentlichkeit hindurch
zum Sieg zu schweben. Einstweilen wird sie von den Umfragen ja
bestärkt in dieser Ansicht.
Doch der heftige Streit um die künftige Steuerpolitik der Union
zeigt, dass es unter der glatten Oberfläche der Partei brodelt, dass
die programmatischen Differenzen innerhalb der CDU und mit der CSU
nicht auf Dauer von den brillanten Sympathiewerten der Kanzlerin
übertüncht werden können. Es gibt viele Christdemokraten, die nicht
darauf vertrauen mögen, dass es am 27. September für Schwarz-Gelb
schon reicht, weil eine stabile Mehrheit der Bürger für Angela Merkel
stimmen will. Eine Vorsitzende, die den Niedergang der Volkspartei
CDU auf bundesweit nur noch rund 35 Prozent zu verantworten hat, muss
sich nicht wundern, dass Zweifel an ihrer Strahlkraft keimen.
Dies um so mehr, als im Wahlkampf nichts weniger als die
Glaubwürdigkeit der Kanzlerin auf dem Spiel steht. Wenn unabhängige
Experten - auch prominente Parteifreunde - nahezu einmütig davon
ausgehen, dass die nächste Bundesregierung nicht den geringsten
Spielraum für Steuersenkungen hat, im Gegenteil wegen der aus dem
Ruder laufenden Staatsverschuldung an Steuererhöhungen und
Subventionsabbau nicht vorbei kommt, gibt eine CDU-Vorsitzende Rätsel
auf, die unverdrossen flächendeckende Steuerentlastungen ankündigt.
Dass Angela Merkel für diese Operation weder einen konkreten
Zeitpunkt noch ein schlüssiges Modell der Gegenfinanzierung liefert,
nährt den Verdacht, dass sie ihr Wahlprogramm nicht als bindende
Verpflichtung betrachtet, sondern als spekulatives
Warentermingeschäft, bei dem die Geschäftspartner über den
endgültigen Preis der Lieferung später noch einmal verhandeln können.
Das Dumme für die Wähler ist, dass sie diese Chance nach Schließung
der Wahllokale gar nicht mehr haben werden.

Originaltext: Südwest Presse
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/59110
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_59110.rss2

Pressekontakt:
Südwest Presse
Lothar Tolks
Telefon: 0731/156218


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