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Neue Westfälische: Europa vor der Wahl Die Schatten-Macht WERNER WEIDENFELD

Geschrieben am 05-06-2009

Bielefeld (ots) - Ein Spitzenereignis der Weltpolitik steht an.
Der global zweitgrößte Demokratiekomplex ist zu entscheiden. 375
Millionen Menschen sind zur Wahl gerufen - nur in Indien sind es
mehr.
Die Atmosphäre im Vorfeld der Wahl entspricht der Dramatik dieser
Größenordnung in keiner Weise. Die Stimmung ist eher gelangweilt.
Europa wird zur Nebenwahl reduziert, unwichtiger als National- und
Regionalwahlen, bestenfalls ein Stimmungsbild für die Bundestagswahl
wenige Monate später.
Phantasielos wirken die Werbemittel der Wahlkämpfer. Die Europäische
Union leistet sich eine Wahl ohne einen wirklichen Wahlkampf. In der
Geschichte der Demokratie ein Phänomen der Merkwürdigkeit.
Die Europäische Union wirkt seit vielen Jahren als Magnet politischer
Macht. Die Nationalstaaten mussten Souveränität abgeben, und die
Globalität ist als Antwort zu diffus. Bleibt der Kontinent als die
angemessene Größe, gestalterische Macht zu organisieren. Sicherheit,
Energie, Klimaschutz, Außenhandel, Binnenmarkt, Landwirtschaft,
Industriepolitik - eine schier endlose Liste von Zuständigkeiten
Europas ließe sich aufzählen.
In den Alltag lässt es sich übersetzen in CO2-Werte für Autos,
Senkung der Handytarife, Kontrolle der Finanzmärkte, Liberalisierung
des Energiemarktes. Das Machtpaket Europa wird von seinen eigenen
Bürgern nicht in dieser existentiellen Bedeutung erkannt. Es bleibt
zweitrangig in der Wahrnehmung.
Die vielen Europareformen der letzten Jahrzehnte haben einen großen
Gewinner gehabt: das Europäische Parlament. Ursprünglich in den
Römischen Verträgen (1957) ohne wirklich relevante Kompetenzen
ausgestattet - dann in jedem Reformvertrag mit weiteren
Zuständigkeiten versehen.
Es ist Gesetzgeber, Mitgestalter der Exekutive, Kontrolleur,
Inszenierer der Öffentlichkeit. Der Mythos vom einflusslosen
Parlament ist jedoch trotz alledem dominant. Die bedauernde Floskel
von der Irrelevanz des Europäischen Parlaments gehört zum grauen
Alltag - aber mit der Realität der Politik hat dies nichts mehr zu
tun.
Die Europawahl konfrontiert uns also mit einer besonderen Dramatik:
der Schieflage von realer Substanz und persönlicher Wahrnehmung. Die
Weltmacht Europa ist in der Wahrnehmung zwergenhaft geblieben. In den
Köpfen der Menschen ist der Mythos des schwachen Parlaments nach wie
vor fest verhaftet.
Wenn Europa nicht politischen Schiffbruch erleiden will, dann muss es
die grobe Schieflage der Wahrnehmungen korrigieren. Der Machtmagnet
muss erklärt, der politische Wettbewerb mobilisiert, die
Sachalternativen profiliert werden. Dann kann Europa aus dem
politischen Schatten heraustreten. Dann können prägnante Gesichter
die politische Seele Europas in Schwingung versetzen.

Prof. Dr. Werner Weidenfeld ist Direktor des Centrums für
angewandte Politikforschung der Uni München. Soeben ist sein
Bestseller "Europa von A bis Z" in 11. Auflage neu erschienen,
Nomos-Verlag, 499 Seiten, 19,90 Euro.

Originaltext: Neue Westfälische
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/65487
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_65487.rss2

Pressekontakt:
Neue Westfälische
Jörg Rinne
Telefon: 0521 555 276
joerg.rinne@neue-westfaelische.de


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