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WAZ: Die Folgen der Krise - Gefährliche Stille - Leitartikel von Angela Gareis

Geschrieben am 23-04-2009

Essen (ots) - Generalstreiks, Straßenkämpfe, Geiselnahme von
Managern, ein belagertes Parlament: Um Deutschland herum brandet in
zahlreichen Ländern die Wut der schwächsten Verlierer der Weltkrise
auf. Wenn man von außen auf die friedlich gebliebene Bundesrepublik
blickt, müsste man glauben, sie sei weniger betroffen als andere
Länder. Tatsächlich aber schrumpft die Wirtschaft des
Exportweltmeisters überdurchschnittlich.

Neben nachtschwarzen Prognosen gibt es viele Anlässe für sozialen
Unfrieden und das Gefühl, dass "die da oben" zu jeder Zeit
komfortabel "die da oben" bleiben können. Ein grundsätzliches
Missverhältnis hat sich entwickelt, das sich mit Bonuszahlungen für
gescheiterte Manager und der Entlassung einer Kassiererin wegen 1,30
Euro beschreiben lässt. Auch die Bespitzelung von Arbeitnehmern nicht
nur bei Lidl nährt den Eindruck, dass "die da oben" sich praktisch
alles erlauben. Dennoch wirkt es seltsam, wenn etwa DGB-Chef Michael
Sommer vor wachsender Unruhe in der Bevölkerung warnt. Das
Protestpotenzial in Deutschland, das wissen gerade Gewerkschafter,
ist vergleichsweise gering, weil die soziale Absicherung
vergleichsweise hoch ist. Die verfallenden Preise für Nahrungsmittel
und Energie tragen überdies dazu bei, dass die Krise für Menschen,
die nicht um Arbeitsplätze bangen, bislang wenig spürbar ist.

Auch die für den Sommer erwartete dramatische Zunahme der
Arbeitslosigkeit wird eher mit einer Entsolidarisierung einhergehen
als einen Proteststurm entfachen. Die Krise wird sich Betrieb um
Betrieb holen, und nach dem dritten Betrieb schaut jeder nur noch
nach sich selbst. Soziale Unruhen wie in anderen Ländern sind extrem
unwahrscheinlich, und das sollte niemanden beruhigen. Vielmehr muss
man ernsthaft befürchten, dass viele Menschen resignieren und sich in
der Hoffnungsarmut einrichten. Wenn diese Krise lang andauert, dann
könnte das Vertrauen in die Demokratie erodieren. Bemerken würde man
das an sinkenden Wahlbeteiligungen und etwas mehr Zulauf für radikale
Parteien. Ansonsten ist ein solcher Prozess schleichend und
weitgehend unsichtbar. Das macht ihn so gefährlich.

Proteste haben erstens eine alarmierende und zweitens eine
entladende Funktion. Insofern steckt hinter Warnungen vor sozialen
Unruhen vielleicht sogar der Wunsch, es möge doch endlich mal in
Maßen aufbegehrt werden. Eine stille Abkehr von dem, was diesen Staat
ausmacht, wäre weit schlimmer.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de


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