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LVZ: Leipziger Volkszeitung zur Pendlerpauschale

Geschrieben am 09-12-2008

Leipzig (ots) - Von Bernd HilderVerfassungsgericht als
ErsatzregierungNach dem vernichtenden Urteil des
Bundesverfassungsgerichts zur Pendlerpauschale kann sich
Finanzminister Steinbrück einiges ins Stammbuch schreiben: Es reicht
nicht, mit der Humorkeule Witzbold-Politik zu betreiben oder
politischen Starrsinn zu zelebrieren. Sachverstand und
Verfassungsmäßigkeit sind die maßgeblichen Koordinaten seriöser
Finanzpolitik. Und vorauseilende Bürgerfreundlichkeit wäre auch nicht
schlecht. Die obersten Richter mussten - wieder einmal -
zurechtrücken, was die Politik verbockt hat. Dabei haben sie
Millionen von Pendlern nicht einfach nur ein vorgezogenes
Weihnachtsgeschenk gemacht, sondern ihnen zurückgegeben, was ihnen
der Staat zu Unrecht genommen hat. An der Einschränkung der
Pendlerpauschale bestanden von Anfang an extrem starke
verfassungsrechtliche Zweifel, weil offensichtlich gegen den
Gleichheitsgrundsatz verstoßen wurde. Und genau hier liegt das
politische Drama des Vorgangs: Trotz besseren Wissens wurde das
Gesetz von Merkels und Steinmeiers großer Koalition mit ihrer großen
Mehrheit durchgedrückt, nach dem dreisten Motto: Man kann ja einfach
mal versuchen, den Bürger zu schröpfen. In den rot-grünen
Chaos-Jahren wurde dieses Amateur-Verfahren zur Methode, die
Großkoalitionäre haben nahtlos daran angeschlossen. Es ist diese
Regierungs- und Beurteilungsschwäche von verantwortlichen Politikern,
die das Verfassungsgericht zu einer Art Ersatzregierung macht. Die
Politiker entmachten sich immer häufiger selbst und überlassen den
obersten Richtern eine Macht- und Gestaltungsfülle, die im
Grundgesetz gar nicht vorgesehen ist. Die Bürger aber erwarten
erheblich mehr von einer handlungsfähigen Regierung. Merkel,
Steinmeier und Steinbrück sollten nun nicht versuchen, die Pendler,
die ja nicht zum Spaß oft weite Strecken bis zum Arbeitsplatz
bewältigen müssen, erneut auszutricksen und etwa die Pauschale
reduzieren. Die steuerliche Abzugsfähigkeit muss sich an den
tatsächlich anfallenden Kosten orientieren. So wie bei Betrieben
auch.
Abgesehen von juristischer Richtungsweisung hat das Urteil des
Verfassungsgerichts einen positiven wirtschaftspolitischen
Nebeneffekt, den die Richter nicht im Blick gehabt haben dürften: Die
nachträgliche Erstattung der Pendlerpauschale wirkt bei vielen
Bundesbürgern wie ein Konjunkturprogramm. Allerdings nur wie ein
kleines. Deshalb ist die Bundesregierung nicht entschuldigt, wenn sie
weiterhin Steuersenkungen zur Krisenbewältigung verweigert.
@hilder.office@lvz.de

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6351
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Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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