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Habermas macht Politik für Finanzkrise verantwortlich

Geschrieben am 05-11-2008

Hamburg (ots) - Die Schuld an der weltweiten Finanzkrise trifft
nach Ansicht von Jürgen Habermas, einem der einflussreichsten
Philosophen der Gegenwart, nicht Spekulanten und Manager, sondern die
Politik. Der ZEIT sagte er, es sei "Heuchelei", dass jetzt mit dem
Finger auf "Sündenböcke" gezeigt werde. Versagt hätten in erster
Linie die Politiker: "Auch die Spekulanten haben sich im Rahmen der
Gesetze konsequent nach der gesellschaftlich anerkannten Logik der
Gewinnmaximierung verhalten. Die Politik macht sich lächerlich, wenn
sie moralisiert, statt sich auf das Zwangsrecht des demokratischen
Gesetzgebers zu stützen. Sie und nicht der Kapitalismus ist für die
Gemeinwohlorientierung zuständig."

Habermas beklagte die sozialen Folgen des ökonomischen
"Systemsversagens". Es sei eine "himmelschreiende soziale
Ungerechtigkeit", dass nun die "verletzbarsten sozialen Gruppen am
härtesten" getroffen würden. "Nun wird die Masse derer, die ohnehin
nicht zu den Globalisierungsgewinnern gehören, für die
realwirtschaftlichen Folgen einer vorhersehbaren Funktionsstörung des
Finanzsystems noch einmal zur Kasse gebeten ... Auch im globalen
Maßstab vollzieht sich dieses strafende Schicksal an den ökonomisch
schwächsten Ländern."

Der Kollaps der Finanzmärkte, sagte Habermas weiter, habe die
"letzten neoliberalen Sprechblasen" zerplatzen lassen: "Ich hoffe,
dass die neoliberale Agenda nicht mehr für bare Münze genommen,
sondern zur Disposition gestellt wird. Das ganze Programm einer
hemmungslosen Unterwerfung der Lebenswelt unter Imperative des
Marktes muss auf den Prüfstand."

Habermas kritisierte im Gespräch mit der ZEIT auch eine zunehmende
Spaltung der Gesellschaft. Es sei von "abgründiger Komik, wie
Wirtschaftsmanager - und nicht nur die - dem Elitegeschwätz unserer
Talkrunden auf den Leim gehen, sich allen Ernstes als Vorbilder
feiern lassen und mental den Rest der Gesellschaft unter sich lassen
... Was, bitte, soll am Charakter von Leuten in Führungspositionen,
die ihre Arbeit halbwegs ordentlich tun, exemplarisch sein?"

Nach Ansicht von Habermas mache das Finanzdebakel eine neue
Weltordnung zwingend erforderlich. Die Globalisierung müsse endlich
politisch gesteuert werden und bestehende Institutionen wie die
Vereinten Nationen reformiert und ausgebaut werden. Voraussetzung für
eine neue Weltordnung sei allerdings, dass sich die "Nationalstaaten
zunehmend, und zwar im eigenen Interesse, als Mitglieder der
internationalen Gemeinschaft verstehen". Aber nicht einmal auf
europäischer Ebene, sagte Habermas, sei dies der Fall. Jedes Land
betreibe "seine eigene Außenpolitik, allen voran die Bundesrepublik".

Originaltext: DIE ZEIT
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/9377
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Pressekontakt:
Das komplette ZEIT-Interview der nachfolgenden Meldung senden wir
Ihnen für Zitierungen gern zu. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte
an Elke Bunse, DIE ZEIT Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
(Tel.: 040/3280-217, Fax: 040/3280-558, E-Mail: elke.bunse@zeit.de)


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