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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Bundespräsident

Geschrieben am 23-05-2008

Bielefeld (ots) - Beim Pokerspiel gibt es eine Sonderregel: Wer
nur noch wenige Chips besitzt und nicht mehr mitbieten kann, darf
»All in« setzen. Der Spieler kann zwar im weiteren Verlauf der Partie
seinen Einsatz dann weder zurückziehen noch erhöhen, dafür bleibt
sein Blatt im Spiel. Hat er die besten Karten, streicht er auf diese
Weise doch noch einen Gutteil des Gewinns ein.
»All in« - das ist offenbar auch die Strategie der SPD beim Poker um
das Amt des Bundespräsidenten. Zwar will sich Parteichef Kurt Beck
erst am Montag in die Karten schauen lassen, doch sind die Ansagen,
die nicht mehr nur vom linken Flügel ertönen, unüberhörbar: Die SPD,
der zuletzt kein politischer Stich mehr gelang, setzt auf Gesine
Schwan als Trumpfkarte.
Offenbar rechnen sich die Sozialdemokraten tatsächlich Chancen aus,
in der Bundesversammlung die renommierte Präsidentin der
Europa-Universität Viadrina gegen den populären und nicht minder
renommierten Amtsinhaber Horst Köhler durchzusetzen. Schon heute
haben Union und FDP in der Wahlversammlung nur eine minimale
Mehrheit, die nach der Landtagswahl in Bayern kippen könnte.
Doch dieses Spiel ist hoch riskant. Denn Kurt Beck braucht dazu die
Unterstützung sowohl der Linken als auch der Grünen. Die aber ist
keineswegs sicher, wie sich unmittelbar nach Köhlers Ankündigung
zeigte, für eine weitere Amtszeit zur Verfügung zu stehen. Die Grünen
haben durchaus Sympathie für den früheren Direktor des
Internationalen Währungsfonds, dem das Schicksal der dritten Welt so
sehr am Herzen liegt. Eine Enthaltung der Grünen reichte aus, und
Beck hätte verloren.
Und die Linke? Die steht schon jetzt als Gewinner fest. Entweder
presst sie der SPD für eine Unterstützung Schwans einen hohen
politischen Preis ab, oder aber sie lässt die SPD-Kandidatin
scheitern. Vormann Oskar Lafontaine versteht etwas vom Pokern: Die
Linkspartei könnte gar einen eigenen Kandidaten aufstellen.
Doch nicht nur zur Linken, auch zur Rechten beobachten die Mitspieler
Becks Spielzüge genau. Poker ist eben kein Mannschaftsspiel. Hier
sucht ein jeder ausschließlich sein eigenes Glück. Die Union aber
wird sich nicht übervorteilen lassen. »Das, was sich jetzt anbahnt,
ist alles nicht hilfreich«, ahnt CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla
und meint: Die Union könnte aus der großen Koalition aussteigen und
die Karten neu mischen lassen. Das könnte schnell gehen. Vielleicht
wird ein neuer Bundestag ja noch gewählt, bevor über die Besetzung
des Bundespräsidentenamtes zu entscheiden ist.
P.S.: Poker ist ein Spiel, dem der Geruch von Halbwelt anhaftet. Der
Bundespräsident - oder die Bundespräsidentin - aber sind die ersten
Repräsentanten des Staates. Sie wachen über die Demokratie und geben
Deutschland international ein Gesicht. Es sollte andere Wege geben,
über die Besetzung des höchstens Amts im Staate zu entscheiden, als
politisches Glücksspiel.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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