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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu einem selbstständigen Kurdenstaat

Geschrieben am 02-09-2014

Bielefeld (ots) - Die Bedenken von Außenminister Frank-Walter
Steinmeier (SPD) sind berechtigt. Natürlich wollen die Kurden ihren
eigenen Staat haben, das wollen sie schon seit einem Jahrhundert. Für
ein paar Monate hatten sie es kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, im
April 1947, schon mal geschafft, bis der damalige Schah von Persien
die kleine Republik Mahabad mit Waffengewalt auflöste. Seither
kämpfen sie für ihr Recht auf Selbstbestimmung. Und es gibt, jenseits
der bekannten Abwägung (Waffen an die Kurden zu liefern, um einen
Völkermord zu vermeiden, also ein kleineres Übel in Kauf zu nehmen um
ein schon laufendes großes Übel einzudämmen) auch gewichtige Gründe,
den Kurden diesen Staat zu gönnen. Zum einen haben sie eine eigene
Kultur, eine eigene Sprache, einen relativ eingrenzbaren
Siedlungsraum und sie wären dank des Öls auch wirtschaftlich
unabhängig. Es gibt ein Volk, ein Gebiet, eine Nation. Gemäß dem
Völkerrechtsprinzip der Selbstbestimmung eine klare Sache und
Referenden zu dieser Frage hat es auch schon gegeben, mit weit mehr
als 90 Prozent Zustimmung. Was man seit Jahren zum Beispiel den
Palästinensern einräumt, bei denen die Sachlage bei weitem nicht so
eindeutig ist, kann man den Kurden, dem viertgrößten Volk der Region,
eigentlich nicht verwehren. Man hat es bisher immer getan, weil die
Nachbarn dagegen waren. Jetzt aber, zweitens, sind die traditionellen
Widerstände der potentiellen Nachbarn schwächer geworden. Das Regime
Assad würde durch einen Kurdenstaat im Norden entlastet, weil dieser
Staat ein Feind der Islamisten wäre und diese in Schach halten
könnte. Auch das Regime Erdogan kann bei aller Sympathie für die
islamisch-sunnitische Sache einen Puffer zwischen der Türkei und den
barbarischen Islamisten im Südosten gebrauchen. Sie sind schlicht
eine Bedrohung. Der Irak selbst ist de facto schon zerfallen, da wäre
ein halbwegs geordnetes Staatswesen im Norden ein stabilisierender
Faktor. Und die schiitischen Mullahs im Iran sehen die Bedrohung
durch das sunnitische Kalifat ebenfalls mit Sorge. Es wäre nur eine
Frage der Zeit, bis zwischen dem Kalifat und der Mullarchie ein Krieg
ausbräche. Außerdem geht es nur um einen Kurden-Staat im Irak
selbst, also nur für fünf der 30 Millionen Kurden. Damit könnten sich
die Nachbarn abfinden. Natürlich würde so ein Staat eine eigene
Dynamik entfalten. Er würde Begehrlichkeiten bei den anderen Kurden,
vor allem in der Türkei, wecken und er wäre innerlich keineswegs
geeint. Machtkämpfe zwischen den Kurdenclans, den Peshmergas Barsanis
und der PKK, wären mehr als wahrscheinlich. Aber solche Machtkämpfe
sind Alltag im Vorderen Orient. Steinmeiers Bedenken sind allerdings
auch Alltag, diplomatischer Alltag. Er will sich nachher nicht
vorwerfen lassen, er habe nicht gewarnt. Nun hat er es getan, jetzt
kann man liefern.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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