(Registrieren)

Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Gauck

Geschrieben am 06-07-2014

Bielefeld (ots) - Wo die Kanzlerin still zürnt, da spricht der
Bundespräsident. Joachim Gauck reagierte prompt auf den Verdacht, der
NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags könnte durch die
US-Geheimdienste ausspioniert worden sein. Gauck sagte scharf: »Dann
ist ja nun wirklich zu sagen: Jetzt reicht's auch einmal.«

Der Bundespräsident als Klartextredner. Im konkreten Fall dürfte
das den meisten Deutschen aus der Seele sprechen. Denn was immer auch
im Zuge der neuerlichen Affäre herauskommt, klar ist: Auf die
vermeintlich so unverbrüchliche Freundschaft zu den Deutschen
scheinen die USA wohl doch nicht allzu viel zu geben. Allen
Beteuerungen nach dem NSA-Abhörskandal zum Trotz. So jedenfalls lässt
sich Vertrauen nicht zurückgewinnen.

Gauck weiß das, und er kennt das große Unbehagen der Deutschen ob
dieses Umgangs unter »Freunden«. Mit seinem Vorpreschen zwingt er nun
die Politik in die Debatte. Und genau das ist es, was Angela Merkel
stets an einem Bundespräsidenten Joachim Gauck gefürchtet hat. Nicht,
dass die Kanzlerin über das aktuelle Geschehen weniger erbost wäre.
Doch ebenso groß ist ihre Sorge, dass eine entsprechend drastische
Reaktion die Beziehungen zwischen Deutschland und den USA eher weiter
belasten denn verbessern könnte. Als Regierungschefin muss Merkel
vielleicht so denken. Doch setzen sie Gaucks Äußerungen zusätzlich
unter Druck. Und das nicht zum ersten Mal.

Gauck bleibt auch als Staatsoberhaupt das, was er immer war: ein
Freigeist, ein Querdenker und Unruhestifter. Ein Präsident, der das
Amt politisiert - obwohl er nicht aus der Politik kommt. Oder
vielleicht gerade deswegen.

Doch Gauck nötigt nicht nur der Politik Debatten auf, er verlangt
sie auch seinen Landsleuten ab. Nach zwei Jahren im Bellevue und als
74-Jähriger in einem Alter, das nicht unbedingt eine zweite Amtszeit
verlangt, erlaubt er sich, unbequeme Fragen zu stellen. Eine lautet,
ob wir nicht mehr für Einwanderer und Flüchtlinge tun müssen. Die
unbequemste und bedeutendste Frage aber dürfte die nach der Rolle
Deutschlands in der Welt sein. Gauck fordert eine Diskussion darüber,
ob das Land nicht außenpolitisch und militärisch mehr Verantwortung
übernehmen muss. Seine Antwort ist offenkundig: Deutschland kann das
und darf das - trotz seiner historischen Schuld.

Gern fügt er in diesem Zusammenhang und mit Verweis auf seine
zahlreichen Reisen hinzu, dass das im Ausland längst so gesehen
werde. Dabei nimmt Gauck in Kauf, dass seine Meinung gegen die klare
Mehrheitsmeinung der Deutschen steht. Was nur beweist, dass
Populismus seine Sache nicht ist.

Joachim Gauck ist kein Präsident, dem der Titel genügt. Er will
das Amt prägen, dafür ist sein Ehrgeiz groß genug und seine Eitelkeit
ist es allemal. So eckt er an - mal in der Politik, mal beim Volk.
Das mag man Selbstverliebtheit nennen, der Debatte in dieser Republik
aber tut es gut.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

536202

weitere Artikel:
  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Pkw-Maut Bielefeld (ots) - Von wegen Autobahn-Maut: Alexander Dobrindt zaubert mit der generellen Straßennutzungsgebühr ein ganz besonderes Kaninchen aus dem Hut. Die so genannte Infrastrukturabgabe, die der CSU-Bundesverkehrsminister heute vorstellen will, wird also für alle bundesdeutschen Straßen kassiert. Mit dieser Abgabe und der Vermeidung des Wortes Maut versucht Dobrindt trickreich, die aufkommende Kritik an Transitgebühren für Ausländer im Keim zu ersticken. Doch letztlich sind es gezinkte Karten, mit denen Dobrindt spielt. mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): Konzept zur Pkw-Maut¶ Ein Scheitern ist programmiert¶ KATRIN CLEMENS¶ Bielefeld (ots) - Der Verkehrsminister plant die Quadratur des Kreises: Wer mit seinem Auto auf deutschen Straßen unterwegs ist, soll in Zukunft zahlen. So sieht es zumindest das Konzept vor, das Alexander Dobrindt heute präsentieren will. Die Vignettenpflicht soll für In- und Ausländer gleichermaßen gelten, allerdings sollen die deutschen Autofahrer mit einer entsprechenden Senkung der Pkw-Steuer wieder entlastet werden. Ausländische Autofahrer finanziell stärker zu belasten als deutsche, ist mit dem geltenden EU-Recht unvereinbar. mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): Konflikt in Nahost¶ Bitter¶ carsten heil Bielefeld (ots) - Die Hölle des Nahen Ostens wird weiter angeheizt. Jetzt schlugen und traten viele israelische Sicherheitskräfte auf einen vermeintlichen palästinensischen Jugendlichen ein. Prügelten ihn fast zu Tode. Erst seit bekannt geworden ist, dass dieser Jugendliche im Besitz der amerikanischen Staatsbürgerschaft ist, regt sich Protest und steigert sich zu hysterischer Aufregung. Der Vorfall ist an Zynismus nicht mehr zu überbieten. Er signalisiert: Ein Palästinenser ist weniger wert als ein Amerikaner. Hätte das Opfer keinen mehr...

  • Lausitzer Rundschau: Spionageaffäre zieht weiter Kreise: Gaucks Anstoß Cottbus (ots) - Bundespräsident Joachim Gauck hat in den vergangenen Wochen jede Menge Klartext gesprochen. Zur NSA-Affäre indes hat der Bundespräsident lange Zeit beharrlich geschwiegen. Doch auch damit ist es jetzt vorbei. Angesichts des ungeheuerlichen Verdachts, wonach ein BND-Mann im Auftrag der Amerikaner Dokumente an die CIA geliefert haben soll, die auch für den NSA-Untersuchungsausschuss im Bundestag gedacht waren, um Licht in die Wühltätigkeit der US-Schnüffler zu bringen, konnte und wollte Gauck offenbar nicht mehr länger mehr...

  • Allg. Zeitung Mainz: Gratwanderung - Kommentar zu Merkels China-Reise Mainz (ots) - Ohne China geht es nicht. Das zeigt nicht nur die Regelmäßigkeit der Staatsbesuche, sondern ebenso die Liste der Begleiter, die auch dieses Mal wieder gemeinsam mit Kanzlerin Merkel die Reise angetreten haben - nicht weniger als neun Teilnehmer der 22-köpfigen Wirtschaftsdelegation stehen an der Spitze eines Dax-Konzerns. Für den Mittelstand ist China ebenfalls ein wichtiger Handelspartner. Daran wird sich auch nichts ändern, wenn sich die rasanten Wachstumsraten der Volksrepublik im einstelligen Bereich einpendeln. mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht