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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Griechenland

Geschrieben am 05-05-2010

Bielefeld (ots) - Die Zeichen stehen auf Radikalisierung in
Europa. Drei Tote in Athen, neue Armut im kurz erblühten Osteuropa,
blanke Angst ums Ersparte von Irland über Portugal bis Italien und -
höchst wahrscheinlich - Denkzettelwahlen heute in Großbritannien und
am Sonntag in Nordrhein-Westfalen. Die Demonstrationen nicht nur in
Griechenland zeugen von der Hilflosigkeit, die die Europäer
angesichts immer gigantischerer Schuldenberge empfinden. Die drohende
Zahlungsunfähigkeit Griechenlands destabilisiert die gesamte EU.
Kanzlerin Angela Merkel hat gestern in ihrer Regierungserklärung
selten dramatische Worte gefunden. Sie sieht »Europa am Scheideweg«.
Oppositionsführer Frank-Walter Steinmeier (SPD) schwank zwischen
Verweigerung und Resten alter Mitverantwortung. Er ließ
Parteisoldaten mit Ablehnung des deutschen Beitrags zum 110
Milliarden-Hilfspaketes drohen. Andererseits sprach er in alter
großkoalitionärer Verbundenheit mit der CDU-Chefin über Gefahren für
»das Fundament unserer Demokratie«. Noch fordert niemand eine
Rückkehr zur D-Mark. Die Verlockung zum rigorosen Populismus wächst
jedoch mit jedem Tag. Unverständnis und teils Hetze bricht sich Bahn
- ein klarer Hinweis auf gescheiterte Beschwichtigungen durch die
Regierenden. Die griechische Zeitung »To Vima« schreibt: »IWF und
Merkel diktieren eine Abwertung der Löhne und Renten.« Die Deutschen
sehen das vollkommen anders. Abgesehen davon, dass die griechische
Sichtweise definitiv falsch ist, gibt es auch hierzulande Auswüchse.
Die seit Wochen laufende bösartige Kampagne der »Bild«-Zeitung etwa
befeuert die Vorstellung von gesetzlosen Betrügern, die die Akropolis
allein zur Bewahrung ihres 14. Gehaltes stürmen. Auch die
Schlachtrufe der Linkspartei gegen »Banken und Spekulanten« tragen
zur Radikalisierung bei. Gregor Gysis Antwort auf Merkel gestern im
Bundestag zum Beispiel sprühte nur so vor Gift und Galle. Dabei wären
jetzt Nüchternheit und Nervenstärke gefragt. Demonstrationen in Athen
waren schon zu besseren Zeiten Schaubühne von Marxisten und
Krawallmachern. Immerhin sind gestern 100 000 ernsthafte
Demonstranten in Athen nach Hause gegangen, weil ein ausgerasteter
Mob erst eine Bank anzündete und dann die Feuerwehr am Löschen
hinderte. So dramatisch die Bilder aus Griechenland sind, sie dürfen
nicht den Blick verstellen. Deutschland beteiligt sich mit 22,4
Milliarden Euro nicht an Hilfen für Radikalinskis, sondern an der
Abwehr einer Gefahr für die Stabilität der Währungsunion. Nicht die
Masse auf den Straßen von Athen hat betrogen. Schuld tragen schlechte
europäische Verträge, gutmeinende Politiker und schludrigere
Kontrollinstanzen. Nur so konnte es dazu kommen, dass alle gemeinsam
über den Tisch gezogen wurden.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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