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WAZ: Die Atomenergie - Kein Konzept für die Ewigkeit. Leitartikel von Jürgen Polzin

Geschrieben am 21-01-2010

Essen (ots) - Viele Jahre hat die Atomwirtschaft auf die
politische Kehrtwende gehofft. Nun sieht sie die Stunde der Wahrheit
gekommen. Wie also soll er aussehen, der Zuschlag für die Laufzeiten
deutscher Atomkraftwerke? Was sind die Regeln, was ist der Preis
dafür, dass die Reaktoren länger Strom (und Gewinne) produzieren
dürfen? Die Atomdebatte spaltet das Land. Und sie wird für die
Regierungskoalition zum Prüfstein. Denn noch fehlt es, das Konzept
für die Ewigkeit.

Das Stelldichein von Politik und Branchenvertretern im Kanzleramt
war kein Routinetreffen. Die Strommanager kamen nicht als
Bittsteller, sondern mit einer klaren Botschaft: Es pressiert. Weil
das Atomgesetz noch nicht geändert ist und somit die Regeln des
Ausstiegsbeschlusses gelten, stehen mit Neckarwestheim 1 sowie Biblis
A und B drei ältere Atomkraftwerke unmittelbar vor der Stilllegung.
Unverhohlen droht die Atomwirtschaft: Politisch, so Eon-Chef Wulf
Bernotat, wäre es nicht verantwortbar, wenn die ersten Meiler
abgeschaltet würden, ehe die Frage der Restzeiten beantwortet sei.
Mit Recht fordert die Branche ein nationales Energiekonzept.
Milliardeninvestitionen stehen an: in Windparks auf dem Meer, in
Stromnetze, in die Erneuerung fossiler Kraftwerke. Der GAU, so
schreibt die "Zeit", ist der: Größte Anzunehmende Unklarheit.

Die Bundesregierung muss daher sagen, wohin die Reise geht: Ist
Atomkraft eine Zukunftsenergie, wie es ihre Anhänger behaupten? Oder
ist sie genau das Gegenteil: eine Verhinderungstechnologie, die
Ökostrom verdrängt? Klar ist, dass Union und FDP die Laufzeiten
verlängern werden. Um die Details aber streiten sie erbittert.
Möglichst schnell will Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) eine
Lösung. Sicherheit geht vor, entgegnet Bundesumweltminister Norbert
Röttgen (CDU). Seit Amtsantritt tritt er für grüne Positionen ein,
will die Wirtschaft kohlenstofffrei machen. Röttgen soll inhaltlich
die Partei erneuern, ihr neue Wählerschichten erschließen, die Macht
sichern: Schwarz und Grün, das passe doch.

Im Mai geht es für Schwarz-Gelb bei der Landtagswahl in NRW um den
Machterhalt. Bis dahin meiden Union und FDP eine Eskalation in der
Atomdebatte, die nicht abkühlen will. Der Skandal um das absaufende
Atommülllager Asse, das Sicherheitsrisiko älterer Kraftwerke - all
das sorgt die Öffentlichkeit. Ein Vierteljahrhundert nach Brokdorf
und Wackersdorf fürchtet die Bundesregierung eine Renaissance der
Anti-Atomkraft-Bewegung. Befriedet werden kann dieser Konflikt nur,
wenn man den Menschen sagt, wo diese Brücke in ein neues
Energiezeitalter endet. Und wo der Atommüll bleibt. Auf ewig.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de


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