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Lausitzer Rundschau: Kritik an Bundeswehr nach Luftangriff in Afghanistan

Geschrieben am 07-09-2009

Cottbus (ots) - Umfassende Aufklärung ist das, was man von
Verteidigungsminister Franz Josef Jung nach dem Bomben-Desaster von
Kundus jetzt fordern muss. Vielleicht war alles nur eine Verkettung
unglücklicher Umstände. Aber vielleicht war es auch Leichtfertigkeit.
Vielleicht herrscht unter den deutschen Soldaten schon das Denken
vor, dass, wo gehobelt wird, auch Späne fallen. Jung selbst hat mit
seiner Informationspolitik Anlass für Fragen gegeben, zuletzt mit
seiner Rechtfertigung, der "überwiegende Teil" der Personen an den
zerstörten Tanklastzügen seien Taliban gewesen. Bei welcher
Prozentgrenze muss der Anteil von Unschuldigen liegen, ehe die
Bundeswehr ihr Leben respektiert?
Gerade weil es seine moralische Überlegenheit ausmacht, muss der
Westen sich damit auseinandersetzen, wenn Unbeteiligte zu Schaden
kommen, ob aus Versehen oder aus Leichtfertigkeit. Unschuldige zu
töten, das ist das explizite Ziel von Al Qaida. Siehe New York, siehe
London, siehe Madrid. Und es ist auch das Herrschaftsmuster der
Taliban. Den Fahrern der Tanklastzüge schnitten sie bei der
Entführung kurzerhand die Kehlen durch. Um das Zurückdrängen dieser
Menschenschlächter geht es genau in Afghanistan.
Der Zwischenfall erhöht schlagartig das Unbehagen über einen Krieg,
der geografisch fern ist und dessen Anlass, die Anschläge von New
York, ebenfalls immer weiter wegrückt. Und weil ein Erfolg im
ursprünglichen Sinne - die Demokratisierung Afghanistans - kaum noch
erzielbar ist, wächst nun der Druck, über eine Exit-Strategie, einen
Rückzug, nachzudenken. Das ist tatsächlich notwendig. Schon, weil
eine Armee verroht, je länger sie einen Krieg führt, je mehr Tod sie
bei sich selbst gesehen und anderen zugefügt hat.
Aber es ist töricht, wie Altkanzler Schröder, der Urheber der
uneingeschränkten Solidarität mit Amerika, jetzt einseitig einen
Abzugstermin im Jahr 2015 festzulegen. Dann müssten Taliban und Al
Qaida nur noch in Ruhe abwarten und könnten ihr Terrorregime wieder
installieren. Noch törichter und gegenüber Millionen unschuldiger
Afghanen höchst unmoralisch wäre es, den islamistischen Mördern das
Land sofort kampflos zu überlassen, wie es die Linke fordert.
Vielmehr müssen für die afghanischen Sicherheitskräfte konkrete Ziele
und Zwischenziele definiert werden, also für jede Region des Landes
Zeitpunkte, in denen sie die Kontrolle übernehmen. Und zwar schneller
als bisher geplant. In dem Maße, wie diese Ziele mit ihrer Hilfe
erreicht werden, können sich die Alliierten zurückziehen. Vorher
nicht.

Originaltext: Lausitzer Rundschau
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/47069
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Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de


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