Westfalenpost: In der Defensive Das Leiden der Großen Koalition
Geschrieben am 21-06-2006 |
Hagen (ots) - Von Winfried Dolderer
Der Koalitionär, ja, der hat's schwer. Zumindest das sollten wir begriffen haben nach der gestrigen Vorstellung des schwarz-roten Spitzenpersonals im Bundestag. Nach ihrem euphorischen Start ist den Maßgeblichen von Union und SPD der Schwung abhanden gekommen. Man erlebt sie neuerdings in der Defensive. Vom Bundespräsidenten mit erhobenem Zeigefinger traktiert. Von Verbandsfürsten abgewatscht. Von den Bürgern mit Missbehagen beäugt. So hören sie sich auch an. Hadern mit der Ungeduld des Publikums. Klagen über die Unannehmlichkeiten ihres Reformschaffens und barmen um Verständnis. Wie es die Kanzlerin mit einem Freudschen Versprecher formulierte: Sie "leiden mit sich". Sie selbst, die Kanzlerin, schafft sich hin und wieder Erleichterung. Immer wenn ein Gastauftritt vor einem Verbandskongress Gelegenheit zum Ausbruch aus dem schwarz-roten Gehege bietet, markiert sie die Entschlossene. Nennt, wie dieser Tage geschehen, mutig-markig das Land einen "Sanierungsfall" und predigt mit Emphase eine Politik der tiefgreifenden, radikalen, grundsätzlichen Reformen. Genau die Politik also, die der Kanzlerin im Koalitionsalltag verwehrt ist, wo sie nicht viel mehr vermag als zwischen Parteien zu moderieren, die eigentlich in entgegengesetzte Richtungen streben und sich über Grundsätzliches kaum einigen können. Den Bürgern bleibt das nicht verborgen. Sie merken, wie sich die Koalitionäre umso schwerer tun, je konkreter sie genötigt sind, sich zu einigen. Über die Gesundheitsreform, das Mega-Projekt der Regierung, grübeln sie jetzt drei Monate, ohne dass sich der Eindruck aufdrängt, es habe sich in dieser Zeit viel bewegt. Nur die Ahnungen, dass uns Unerfreuliches ins Haus steht, verdichten sich. Die Föderalismusreform ist unter Seufzen und Zähneknirschen aus der Reihen der SPD abgehakt. Begeisterung lässt sich auch damit nicht wecken. Die Koalition sei auf guten Wege, sagen ihre Maßgeblichen. Das hört sich an wie ein Zauberkünstler, der seinen Zylinder vorweist und beteuert, darin stecke ein seidenfellglänzendes Kaninchen. Und wir ahnen: Es ist wohl wieder eine Kröte.
Originaltext: Westfalenpost Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=58966 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_58966.rss2
Rückfragen bitte an: Westfalenpost Redaktion Telefon: 02331/9174160
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
18097
weitere Artikel:
- Mitteldeutsche Zeitung: zu Vorwürfen gegen Kongo-Truppe Halle (ots) - Was soll man sagen? Für den Kongo-Einsatz vorgesehene Bundeswehr-Soldaten, so Berichte aus Zweibrücken, nehmen perverse Praktiken aneinander vor, die bei den meisten Menschen Entsetzen hervorrufen würden. Vom Standpunkt eines gesunden Menschenverstandes betrachtet, fällt einem dazu nicht viel ein. Die Schilderungen sind Ekel erregend selbst dann, wenn alle Beteiligten es freiwillig taten - was wiederum kaum vorstellbar ist. Zu klären bleibt, was Vorgesetzte wussten. Die Kompanie aus Zweibrücken zu Hause zu lassen, ist die mehr...
- Rheinische Post: Kühne Ideen zur Gesundheit - Von EVA QUADBECK Düsseldorf (ots) - Es dauert nicht mehr lange, dann ist den Bürgern schwindelig: Gesundheitsfonds, Gesundheitssoli, höhere Beitragsbemessungsgrenze, steuerfinanzierte Kindermitversicherung kleine Pauschale, große Reform? Das Durcheinander der Vorschläge offenbart, dass die Verhandlungspartner von Union und SPD sehr viel weiter auseinander liegen, als es kurz vor dem lang ersehnten Ende der Debatte sein dürfte. Vor allem in der SPD herrscht hektische Betriebsamkeit. Seitdem Anfang der Woche der Konflikt zwischen Parteichef Beck und mehr...
- Rheinische Post: Merkels Match - Von MARGARETE VAN ACKEREN Düsseldorf (ots) - Das Land sitzt berauscht auf den Rängen, die Politik ackert mühsam auf dem Platz: Deutschland im Sommer 2006 das ist schon eine eigentümliche Mischung aus überschäumender Begeisterung und herber Ernüchterung. Die große Koalition kommt zunehmend an ihre Grenzen. Wen wundert's da, dass die Kanzlerin gestern in der Haushaltsdebatte von der Leistung der Klinsmann-Truppe schwärmte, die Leistung ihrer eigenen Truppe aber nur mit dürren Worten beschrieb? Die Zeit der flotten Doppelpässe zwischen Kanzlerin Merkel und Vize-Kanzler mehr...
- Rheinische Post: Über Deutschland - Von REINHOLD MICHELS Düsseldorf (ots) - Über Deutschland, deutsche Identität nachzudenken, zu reden, zu schreiben, das gehört jetzt zu den wundersamen nationalen Freiübungen. Sie gelten nicht mehr als politisch anstößig. Hoffentlich sind sie nicht vergängliche, flatternde Bewegungen, Hopsereien in Schwarzrotgold. Das anregende "Spiegel"-Gespräch zwischen Nobelpreisträger Günter Grass und Medien-Manager Mathias Döpfner ist der jüngste Beleg dafür, dass die gebildete Intelligenz des Landes (Bildung und Intelligenz sind nicht notwendigerweise Geschwister) mehr...
- WAZ: EU-USA-Gipfel in Wien: Schöne Worte - Kommentar von Tobias Blasius
Essen (ots) - Aufwand und Ertrag standen beim Wiener Gipfeltreffen der EU-Spitzen mit US-Präsident Bush in einem bemerkenswerten Missverhältnis. Rund 3000 Polizisten legten die halbe Stadt lahm, um ein Mittagessen sowie wenige Stunden des Meinungsaustausches zu sichern. Das schüttere Ergebnis der Zusammenkunft: Ein neunseitiges Kommunikee mit allerhand Politfloskeln und Partnerschaftsbeteuerungen. Immerhin konnten die Meteorologen in Europas Regierungszentralen eine transatlantische Klimaverbesserung messen. Man spricht wieder miteinander. Washington mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|