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Lausitzer Rundschau: Kontroverse zur Stammzellenforschung im Bundestag: Der bigotte Mittelweg

Geschrieben am 14-02-2008

Cottbus (ots) - Unter allen Standpunkten, die gestern im Bundestag
zur Stammzellenforschung eingenommen wurden, ist die radikale
Ablehnung wenigstens konsequent. Das Leben beginnt mit der
Befruchtung des Eis, sagt sie. Wir können mit der
Stammzellenforschung vielleicht irgendwann Therapien entwickeln, die
schwere Krankheiten heilen. Aber wir dürfen es nicht. Wir dürfen
nicht anderes Leben dafür töten. Dieser Standpunkt ist klar. Aber er
hat schon vor langer Zeit verloren. Bei der
Präimplantationsdiagnostik und beim Abtreibungsparagrafen. Hier wird
eine Ersatzdebatte geführt. Zu spät und an diesem Objekt auch viel zu
rigoros. Die Mehrheit der Gesellschaft empfindet die befruchtete
Eizelle nicht als "Leben" im Sinne eines Individuums, sondern als
einen Zellhaufen, der die Potenz hat, ein Individuum zu werden.
Zumal, wenn sie bei der künstlichen Befruchtung quasi als Abfall
entsteht und sich in einer Petrischale befindet. Wenn es akzeptiert
ist, einen Fötus bis zum dritten Monat abzutreiben, um wie viel mehr
ist es dann akzeptiert, diesen Zellhaufen zu nutzen, um daraus
Stammzellen zu gewinnen für eine vielversprechende Forschung.
Vorausgesetzt, man nimmt diese gesellschaftlich bereits
stattgefundene Verschiebung von Normen hin, dann kann es für den
Gesetzgeber nur noch um die Minimierung des "Verbrauchs" von
embryonalen Stammzellen gehen. Denn es bleibt ethisch geboten, auch
die Nutzung dieser Form von "Leben" strikt auf ethisch gleichwertige
Anliegen zu begrenzen. Eine strenge Einzelfallprüfung jedes
Forschungsvorhabens ist daher der richtige Weg und sollte die einzige
Begrenzung bleiben.
Die Mehrheit des Bundestags befürwortete vor sechs Jahren jedoch eine
andere Lösung, die auch jetzt wieder die größten Chancen hat: keine
Stammzellengewinnung in Deutschland, aber Nutzung schon existierender
Stammzellen aus dem Ausland. Um keinen Anreiz zur Neuproduktion zu
geben, setzte man einen knapp zurückliegenden Stichtag. So war das
Gewissen rein und die Labore hatten trotzdem genug Material. Nun soll
der Stichtag um fünf Jahre nach hinten verschoben werden, denn die
Forscher brauchen frischen Nachschub. "Einmalig" angeblich. Und
wieder kann man sagen, speziell für uns Deutsche sei ja kein einziger
Embryo getötet worden. Dieser Ausweg aus einer Debatte, die,
zugegeben, für alle ein moralisches Dilemma ist und bleibt, ist der
winkelzügigste von allen. Er ist nicht mit Gott, sondern bigott.

Originaltext: Lausitzer Rundschau
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/47069
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Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481231
Fax: 0355/481247
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