(Registrieren)

Mittelbayerische Zeitung: Die CDU braucht Rezepte / Nach der SPD leiden nun auch die Christdemokraten an Muskelschwund. Der Parteitag muss Mittel gegen den politischen Kraftverlust finden. Es eilt./ V

Geschrieben am 17-11-2019

Regensburg (ots) - Misstrauen, Machtkämpfe, mangelnde Führungskompetenz. Diese
Zutaten für eine handfeste Parteikrise kannte man bisher vor allem von der SPD,
die das kräftezehrende Streit-Gen ja angeblich in sich trägt und darauf sogar
stolz ist. Doch der Muskelschwund, an dem die Genossen leiden, hat in diesem
Sommer auch auf die CDU übergegriffen. Nun muss sich jeder Demokrat, der noch an
die gesellschaftliche Bindekraft der Volksparteien glaubt, endgültig Sorgen
machen - auch um die Regierbarkeit des Landes. Das Piesacken und Provozieren
nimmt seit der Schlappe in Thüringen kein Ende: Der Polit-Rückkehrer und
Revoluzzer Friedrich Merz beklagt den grottenschlechten Zustand der Regierung
und keilt ganz unzweideutig Richtung Kanzlerin. Der schleswig-holsteinische
Ministerpräsident Daniel Günther keilt zurück gegen die mutmaßlich frustrierten
"alten Männer" in seiner Partei. Er meint damit neben Merz auch Roland Koch. Der
ehemals starke Gegenspieler von Angela Merkel hatte sich im März noch artig
lobend über die neue Parteichefin und überhaupt das gesittete Verhalten in der
Führungsetage der CDU geäußert. Ein halbes Jahr später rechnet er mit seinen
Leuten ab: kein Mut, keine Visionen. Merkels Nichtregieren müsse endlich
aufhören. Nichts als Zoff und Zwietracht also wenige Tage vor dem Parteitag in
Leipzig. Eigentlich steht der Austausch zum neuen Grundsatzprogramm auf der
Tagesordnung, dazu programmatische Beschlüsse zur Digitalisierung und Stärkung
der Sozialen Marktwirtschaft. Doch die Aufmerksamkeit wird auf den Personen und
Personalien liegen: Kann Annegret Kramp-Karrenbauer Boden gutmachen? Wie
reagiert sie auf ihren Widersacher Friedrich Merz? Wie weich wird der seine
Kritik verpacken? Und wie sind die Reaktionen auf Markus Söder, der auf
bundespolitischem Parkett auf leisen Sohlen heranschleicht? Schon erstaunlich:
Sogar der CSU-Boss liegt bei CDU-Anhängern vor der ins Bodenlose gestürzten AKK,
wenn es um einen möglichen Kanzlerkandidaten geht. Noch weiter vorn liegt
Friedrich Merz, der sich recht geschickt als Erneuerer in der öffentlichen
Debatte positioniert, jeden Gedanken an Putschversuche jedoch weit von sich
weist. Der Wirtschaftsexperte weiß genau, dass es zwar massive Unzufriedenheit
mit den Kompromissen - siehe Grundrente - in der ungeliebten Groko gibt, und
dass Kramp-Karrenbauer nach vielen Patzern kaum noch als Merkel-Nachfolgerin in
Frage kommt. Doch er weiß auch, dass Geschlossenheit zur Überlebensfrage der
großen Parteien wird. Sollte sich die CDU in den kommenden Monaten noch weiter
am eigenen Schopf in den Sumpf ziehen, gibt sie irgendwann ein ähnlich desolates
Bild ab wie die aus den Fugen geratene SPD. Das will, das muss jeder
Christdemokrat verhindern, der die Partei im Bundestagswahlkampf 2021 hinter
sich versammeln will. Die Führungsfrage in der CDU ist, mehr noch als in der
SPD, mit den Leitplanken der künftigen Unionspolitik verknüpft: Wie geht es
weiter in der Flüchtlingsfrage? Wie weit geht man in Sachen Klimaschutz? Was
kann die Berliner Politik den Menschen auf dem Land bieten, den Bauern und
Berufspendlern, die sich manchmal fragen, wer noch ihre Interessen vertritt? Die
Debatten der CDU, sie sind die Debatten in der Gesellschaft. Und wie durch die
Gesellschaft geht durch die Partei ein Riss. Merkels Flüchtlings-, Energie- und
Klimapolitik hat die CDU gespalten. Die Gründung der konservativen Werte-Union,
die Merkels Ablösung fordert, ist das sichtbarste Zeichen. Der Umgang mit der
AfD wird nach der Landtagswahl in Thüringen zur Gretchenfrage. In Leipzig geht
es für die CDU um viel. Die Volksparteien müssen eindeutige Antworten auf die
drängenden Fragen der Zeit finden und den Wählern Antworten liefern. Schaffen
sie es nicht, wird ihr Niedergang nicht zu stoppen sein.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

710816

weitere Artikel:
  • Allg. Zeitung Mainz: Gruselig / Kommentar von Reinhard Breidenbach zur AfD Mainz (ots) - Mit der Brechstange langfristige Personalpläne in eine andere Richtung gequetscht, innerhalb von Stunden einen Vorsitzenden in spe, Joachim Paul, dazu gebracht, "freiwillig" die Finger vom Parteichef-Sessel zu lassen und einem anderen den Vortritt zu geben. Und all das ausgerechnet deshalb, weil die Lügenpresse ihr Schandmaul mal wieder nicht gehalten, sondern aufgezeigt hat, dass der nette Herr Paul vielleicht doch unter Pseudonym für ein Nazi-Blättchen geschrieben und einen Nazi-Musiker gelobt hat. Allerhand, welche Opfer mehr...

  • Rheinische Post: Null Toleranz? Kommentar Von Henning Rasche Düsseldorf (ots) - Sechsmal verwenden CDU und FDP den Begriff "Toleranz" in ihrem Koalitionsvertrag. Sie führen mehr oder weniger blumig aus, dass Toleranz zu den Grundlagen Nordrhein-Westfalens gehöre. Gegen Kriminelle aber, das verspricht die Landesregierung, werde sie intolerant vorgehen. "Null-Toleranz-Politik" haben die Innen- und Sicherheitspolitiker beider Parteien das genannt. Unabhängig davon, ob man findet, dass dieser Begriff sinnhaft ausgesucht worden ist, wird man diese Regierung daran messen müssen. Blickt man auf die mehr...

  • Rheinische Post: Die Grünen zielen aufs Kanzleramt Kommentar Von Eva Quadbeck Düsseldorf (ots) - Gerhard Schröder rüttelte alleine am Zaun des Kanzleramts und soll dabei bekundet haben: Ich will hier rein. Bei den Grünen hat man den Eindruck, dass eine ganze Partei ruft: Wir wollen übernehmen. Vom Bielefelder Parteitag geht das Signal aus, dass die Grünen den Kampf um Platz eins in der Parteienlandschaft aufnehmen werden. Konkret formulieren sie diesen Anspruch zwar noch nicht. Aber die Vorbereitungen laufen. Dem Klimaschutz haben sie längst die Themen Soziales und Wirtschaft hinzugefügt, auch um sich neue Milieus mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu den Grünen Bielefeld (ots) - Leidenschaftlich haben sich die Grünen in Bielefeld ihres Kurses versichert. Und Links ist die vorgegebene Richtung. Nicht wegen des DDR-Volkskammer-Ergebnisses (97,1 Prozent) für die Vorsitzende Annalena Baerbock, die auffällig oft von der Veränderung des »Systems« sprach. Zuweilen musste man den Eindruck haben, dass hier eine sozialistische Revolution ausgerufen werden sollte. Eines haben die drei Tage jedenfalls deutlich gemacht: Die Grünen wollen zwar die Wähler der bürgerlichen Mitte, sie sind aber eine linke mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Mobilfunkausbau Bielefeld (ots) - Eine Milliarde Euro will Verkehrs- und Digitalminister Andreas Scheuer (CSU) ausgeben, um tausende Mobilfunkversorgungslücken zu schließen, die die Anbieter offen lassen. Schlimmer noch: Ein eigenes Unternehmen, eine Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft, will der Minister dafür gründen. Die Bundesnetzagentur hätte bei den Versteigerungen der Mobilfunklizenzen eine 100-Prozent-Abdeckung der Fläche vorgeben können. Dann hätten die Telekom und die anderen Anbieter wahrscheinlich weniger geboten als zuletzt etwa mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht