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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu den Grünen

Geschrieben am 17-11-2019

Bielefeld (ots) - Leidenschaftlich haben sich die Grünen in Bielefeld ihres
Kurses versichert. Und Links ist die vorgegebene Richtung. Nicht wegen des
DDR-Volkskammer-Ergebnisses (97,1 Prozent) für die Vorsitzende Annalena
Baerbock, die auffällig oft von der Veränderung des »Systems« sprach. Zuweilen
musste man den Eindruck haben, dass hier eine sozialistische Revolution
ausgerufen werden sollte. Eines haben die drei Tage jedenfalls deutlich gemacht:
Die Grünen wollen zwar die Wähler der bürgerlichen Mitte, sie sind aber eine
linke Partei. Was sich in Bielefeld vor allem auch an den Beschlüssen zur
Wohnungspolitik ablesen ließ. Wer bei der Vorstellung der Anträge den zumeist
jungen weiblichen Delegierten aus großstädtischen Kreisverbänden genau zuhörte,
vermisste die Namen der großen Wohnungskonzerne Vonovia und Deutsche Wohnen. Da
war klar: Die wollen generell allen Vermietern ans Leder. Nun sind Parteitage,
oder wie es bei den Grünen heißt: Bundesdelegiertenkonferenz, keine
Veranstaltungen, bei denen es um jedes Detail geht. Hier hat die Ideologie
freien Lauf - auch in den Anträgen. Präsentiert haben sich die Grünen als
urbane, ökologische Linkspartei, die bald 100.000 Mitglieder haben wird. Und sie
bedienen ihre Klientel, die Bundesgeschäftsführer Michael Kellner mit »Reich,
Wessi, Großstadt« beschrieb und gerade dieses Klischee loswerden möchte. Dumm
nur, dass es weitgehend der Wirklichkeit entspricht. Auch wenn die aktuelle
Forsa-Umfrage die Grünen erstmals seit einem halben Jahr unter 20 Prozent sieht,
bleiben sie die zweitstärkste Partei. Und ihr Thema, der Klimaschutz, wird auch
bleiben. Das Hochwasser in Venedig lässt kaum Zweifel daran zu, dass es auf
klimatische Veränderungen zurückzuführen ist. Wenn die Wassermassen auf dem
Markusplatz in der Geschichte der Lagunenstadt erst sechsmal so hoch standen wie
jetzt und davon dreimal in den vergangenen 20 Jahren, dann lässt sich das nicht
wegdiskutieren. Dass die Grünen den Klimaschutz zuerst als deutsche und dann als
europäische und globale Aufgabe sehen, macht sie angreifbar. Denn Klima ist
keine nationale Angelegenheit, und ihre radikalen Lösungsvorschläge lassen sich
nicht in praktische Politik für ein Industrieland und einen Wohlfahrtsstaat mit
82 Millionen Einwohnern umsetzen. Die Grünen müssen sich auch fragen lassen, ob
sie sich noch als Umweltschutz-, Naturschutz- und Tierschutzpartei begreifen.
Wer die zu Recht umstrittene Windkraft derart dogmatisch fordert und verteidigt,
der nimmt den Tod von Hunderten Greifvögeln und Milliarden Insekten in Kauf. Und
die Glaubwürdigkeit leidet auch, wenn einerseits der Hambacher Forst gerettet,
aber andererseits der nordhessische Reinhardswald für Windkraft gerodet werden
soll. Das ist Klientelpolitik. Denn das urbane Milieu der Grünen-Wähler möchte
seinen Energiebedarf zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energieformen abdecken. Das
ist in Ordnung. Aber es ist ein Unding, dass hier eine Metropolen-Elite den
Bewohnern des ländlichen Raums Windkraftanlagen und Stromtrassen auferlegen
will, um sich in der Stadt besser zu fühlen. Und es sind auch in erster Linie
Städter, die den Wolf schützen wollen - weil sie höchstwahrscheinlich nie einem
Wolf begegnen werden. Auf dem Land, wo Wölfe in der Nähe von Siedlungen
auftauchen, sehen das die Menschen ganz anders. Die Grünen wären gut beraten,
wenn sie den Stadt-Land-Konflikt nicht weiter befeuern würden. Spätestens wenn
sie die Kanzlerkandidatur geklärt haben werden, wird der Kandidat oder die
Kandidatin auch außerhalb der Metropolräume Wahlkampf machen müssen. Auf die
Personalfrage reagieren die Grünen noch nicht. Warum sollten sie sich schon
festlegen? Das machen die anderen Parteien ja auch nicht. Mehr scheint für
Robert Habeck zu sprechen, auch wegen seiner Regierungserfahrung als
Landesumweltminister in Schleswig-Holstein. Ob das als Qualifikation für das
Kanzleramt reicht, müssen die Wähler entscheiden. Ebenso, ob sie dieses Land dem
Risiko einer grün-rot-roten Bundesregierung aussetzen wollen. Und dass solch ein
linkes Bündnis riskant wäre, steht außer Frage.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell


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