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Deutsche Umwelthilfe fordert 365-Euro-Jahrestickets für den öffentlichen Nahverkehr in allen Städten und Verkehrsverbünden

Geschrieben am 12-07-2019

Berlin (ots) - Klimakabinett soll es Städten ermöglichen, bundesweit
365-Euro-Tickets für Bahn, Bus und Tram einzuführen - Um Klimaziele zu
erreichen, muss die Verkehrswende beschleunigt werden - DUH kritisiert: Bahn,
Bus und Straßenbahn wurden jahrelang kaputtgespart - Wien und Zürich zeigen, wie
es gelingen kann, den motorisierten Individualverkehr in den Städten
zurückzudrängen - Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller,
unterstützt die DUH-Forderung nach einem 365-Euro-Ticket auch für die
Bundeshauptstadt - Die Finanzierung des "1 Euro pro Tag-Tickets" soll durch die
Abschaffung des Steuerprivilegs für schmutzige Dienstwagen und der
Dieselsubventionen sowie die Bußgeldzahlungen der Autokonzerne für Betrugsdiesel
erfolgen

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordert die Bundesregierung auf, bundesweit allen
Städten beziehungsweise Verkehrsverbünden das Angebot eines
365-Euro-Jahrestickets für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) nach dem
Wiener Modell zu ermöglichen. Mit dem Ticket können viele Hemmnisse, die den
Umstieg auf den ÖPNV behindern, auf einmal abgebaut werden. Der Pauschaltarif
macht die Nutzung von Bus und Bahn unkompliziert - einfach ein- und aussteigen
wo und wann man möchte, ohne sich mit komplizierten Tarifsystemen
auseinandersetzen zu müssen. Ein geringer Preis erhöht zusätzlich die
Attraktivität und bewegt mehr Menschen zur Nutzung des ÖPNV.

In einem weiteren Ausbauschritt soll dann das 365-Euro-Ticket auf ein bundesweit
gültiges "Blaues Ticket" ausgedehnt werden, mit dem für 365 Euro pro Jahr nicht
nur Bahn, Bus und Straßenbahn in der jeweiligen Heimatstadt, sondern auch in
anderen Städten und Verkehrsverbünden genutzt werden können. Für die
Finanzierung der mit der Einführung eines solchen Flatrate-Tickets verbundenen
Mehrkosten, insbesondere für den Ausbau des in den vergangenen Jahren
kaputtgesparten öffentlichen Personennahverkehrs, sollte die Subventionierung
des Diesel-Kraftstoffs und das Steuerprivileg für klimaschädliche Dienstwagen
vollständig abgeschafft und die freiwerdenden Mittel hierfür verwendet werden.
Zusätzlich sollten die noch zu erhebenden Bußgelder der Autokonzerne von 5.000
Euro pro verkauftem Diesel-Pkw mit manipulierter Abgasreinigung zur Finanzierung
des 365-Euro-Tickets verwendet werden.

Die DUH fordert die Mitglieder des am 18. Juli tagenden Klimakabinetts auf, die
Weichen für die wirkliche Verkehrswende in den Städten zu stellen. Im ersten
Schritt sollten sie sich für bundesweit einzuführende 365-Euro-Tickets
aussprechen und die hierfür notwendige Finanzierung sicherstellen.

"Mit unseren Klagen für 'Saubere Luft' und damit verbunden die Aussperrung
schmutziger Diesel haben wir eine robuste und anhaltende Debatte über eine
wirkliche Verkehrswende in unseren Städten ausgelöst. Als Reaktion auf unsere
Klagen hat die Bundesregierung immerhin 1,5 Milliarden für die besonders
belasteten Regionen bereitgestellt. Aus diesem Topf finanzieren sich auch die
ersten deutschen '365-Euro-Tickets' in Reutlingen und Bonn. Das ist aber nur ein
Tropfen auf den heißen Stein. Die kollektiven Verkehre wurden in den letzten
zehn Jahren regelrecht kaputtgespart und hingegen die Städte für immer größere
und schmutzigere Autos umgebaut. Wenn nicht nur in Reutlingen, Bonn und bald
auch Berlin, sondern bundesweit für '1 Euro pro Tag' ein Jahres-Flatrate-Ticket
für Bahn, Bus und Tram käme, könnten wir es schaffen, den Pkw-Verkehr in der
Stadt massiv zurückzudrängen. Daher freuen wir uns ganz besonders, dass der
Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, unsere Forderung nach dem
365 Euro-Ticket unterstützt und auch die Dieselsubventionen zur
Gegenfinanzierung vorschlägt", so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.

Im öffentlichen Nahverkehr fehlt es aktuell nicht nur an ausreichend intakten
und modernen Fahrzeugen, um eine attraktive Taktung sicherzustellen. Das
komplizierte, in jedem Verkehrsverbund grundsätzlich andere Tarifsystem,
verbunden mit zum Teil abschreckend hohen Kosten für einzelne Tickets, schreckt
viele Bürger zusätzlich ab, auf den ÖPNV umzusteigen.

Kritisch sieht die DUH die aktuelle Flutung der Innenstädte mit Free Floating
Mietwagen sowie UBER-Fahrzeugen, die insbesondere von den Autokonzernen als
Alternative zum ÖPNV und Taxen preisaggressiv angeboten werden. Diese
Fehlentwicklungen helfen weder dem Klima noch dabei, die Anzahl an Fahrzeugen zu
reduzieren und mehr Platz für die Menschen in den Städten zu schaffen. Die
Städte müssen sich auf die Förderung und den Ausbau der klassischen kollektiven
Verkehre Bus, Straßenbahn und S- und U-Bahn konzentrieren und mit dem
365-Euro-Ticket einen attraktiven Anreiz zum Umstieg bieten.

In Deutschland kostet ein Monatsticket für den ÖPNV im Schnitt 77,50 Euro. Auf
das Jahr gerechnet kommt man so auf 930 Euro. Das Ergebnis der für viele Bürger
zu hohen Kosten: Der motorisierte Individualverkehr dominiert mit einem Anteil
von etwa 76 Prozent weit vor dem Fußgänger-, Rad-, Schienen- und öffentlichen
Straßenpersonenverkehr. Die Preise für Anschaffung und Unterhalt eines Autos
sind nach Angaben des Statistischen Bundesamtes seit dem Jahr 2000 um 36 Prozent
gestiegen. Die Preise für den öffentlichen Personennahverkehr im gleichen
Zeitraum um 79 Prozent - ein deutlicher Ausdruck für die Fehlentwicklungen der
letzten Jahrzehnte.

Die Bundesregierung muss die Städte und Landkreise bei der Finanzierung der
Verkehrswende und des 365-Euro-Tickets unterstützen. Durch die Abschaffung des
Dienstwagenprivilegs für klimaschädliche Fahrzeuge kommen bis zu fünf Milliarden
Euro jährlich zusammen, weitere fast 10 Milliarden Euro durch die Beendigung der
Dieselkraftstoffsubvention. Schließlich ist die Bundesregierung nach EU-Recht
verpflichtet, der betrügerischen Automobilindustrie 5.000 Euro Geldbuße pro
Diesel-Fahrzeug mit Abschalteinrichtung aufzuerlegen. Allein durch die bisher
nachgewiesenen 4,4 Millionen Fahrzeuge ergeben sich 22 Milliarden Euro
Einmalzahlung, die den Verkehrsverbünden für Infrastrukturmaßnahmen im Rahmen
eines Sofortprogramms zur Verfügung gestellt werden sollten. Durch diese
Maßnahmen stünde für den ÖPNV genug Geld zur Verfügung und der Kostendruck von
Kommunen und ÖPNV-Anbietern würde sich auflösen. Gleichzeitig ist genug Geld
vorhanden, um einen beschleunigten Ausbau des ÖPNV zu ermöglichen - auch wenn
die Ticketpreise fallen.

Betrachtet man den Anteil von Bahn, Bus und Straßenbahn (ÖPNV) in deutschen
Metropolen, so beträgt dieser im Schnitt 20 Prozent. In deutschen Städten
dominieren die Autos. Anders als in anderen europäischen Metropolen wo es
gelungen ist, den motorisierten Individualverkehr deutlich auf bis zu 25
Prozent, wie in Zürich, zu reduzieren. Was sich in den Städten stark
unterschiedet ist der Anteil des ÖPNV am Gesamtverkehr: hier erreicht Zürich 63
Prozent, Wien 37 Prozent, und Berlin 27 Prozent.

Die Vorteile eines 365-Euro-Tickets haben schon einige Städte erkannt. Bonn und
Reutlingen haben das 365 Euro-Ticket bereits mit positiver Zwischenbilanz
eingeführt. In Berlin ist die Diskussion aktuell gestartet.

Das 365-Euro-Ticket hat dann Erfolg, wenn es wie in Wien dazu führt, dass
parallel zur Verbesserung des ÖPNV-Angebots der Autoverkehr insbesondere in den
Innenstadtbereichen unattraktiver gemacht wird. Hierfür ist zwingend eine
intelligente Parkraumbewirtschaftung mit Verknappung und Verteuerung des
Parkraums für Pkw notwendig.

Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
0171 3649170, resch@duh.de

DUH-Pressestelle:
Ann-Kathrin Marggraf, Marlen Bachmann
030 2400867-20, presse@duh.de
www.duh.de, www.twitter.com/umwelthilfe,
www.facebook.com/umwelthilfe, www.instagram.com/umwelthilfe

Original-Content von: Deutsche Umwelthilfe e.V., übermittelt durch news aktuell


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