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Mittelbayerische Zeitung: Abgestrafte AKK / Die Anfangseuphorie über die neue CDU-Chefin ist verflogen. Bisher ist es Kramp-Karrenbauer nicht gelungen, Ideen für die politische Zukunft zu entwickeln.

Geschrieben am 26-04-2019

Regensburg (ots) - Plötzlich wünschen sich viele Angela Merkel
zurück. Dabei hatte ihre Nachfolgerin auf dem CDU-Chefsessel,
Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK), nach ihrer Wahl im Dezember 2018
einen vielversprechenden Start hingelegt. Die CDU legte in den
Umfragewerten zu; die befürchteten Parteiaustritte von frustrierten
Friedrich-Merz-Anhängern blieben aus; die Rede war von AKK-Effekt und
Neuanfang. Doch die Anfangseuphorie ist verflogen und das
Stimmungsbarometer hat umgeschlagen. Gerade einmal 28 Prozent der
Wähler würden laut jüngster Forsa-Umfrage derzeit die Union wählen -
wieder ein Prozentpünktchen weniger als in der Vorwoche. 44 Prozent
meinen laut ZDF-Politbarometer, dass AKK die CDU nicht in eine gute
Zukunft führen wird. Satte 51 Prozent sprechen ihr laut
ARD-Deutschlandtrend die Eignung als Bundeskanzlerin ab. In Teilen
der Partei macht sich jetzt eine seltsame Merkel-Sehnsucht breit:
"Der Kurs von Merkel war schon weise!", twitterte der CDU-Abgeordnete
Roderich Kiesewetter. Mit seiner Wehmut ist er nicht der Einzige. Und
die miese Laune ist verständlich. Ein Grund für die mangelnde
Beliebtheit ist, dass AKK sich mehr rückständig als progressiv zeigt.
Beispiel Klimaschutz: AKK sagte vor JU-Delegierten, sie hätte ihren
Kindern keine Entschuldigung für die Schule geschrieben, um freitags
für mehr Klimaschutz zu demonstrieren. Dass die Klimakrise eines der
drängendsten, politischen Probleme ist und die Demos neue Dynamik in
die Debatte bringen, blendet AKK dabei aus. Merkel hatte zuvor
Sympathie für "Fridays for Future" zeigt. Wenigstens das. Beispiel
Toleranz: Mit ihrem Toiletten-Witz zum dritten Geschlecht beim
Karneval in Baden löste die CDU-Chefin einen Shitstorm aus,
Intersexuelle fühlten sich diskriminiert. Man muss keine Moraldebatte
lostreten, um AKKs Aussage schlichtweg dämlich zu finden. Merkel
hätte von solchen Witzen lieber die Finger gelassen. Beispiel
Migration: Das "Werkstattgespräch" zur Migration bot jenen eine
Bühne, die dem Ärger über Merkels Flüchtlingspolitik von 2015 Luft
machen wollten. So kreiste die Debatte vor allem um die
Vergangenheit, Zukunftsideen fielen mau aus. Politisches Anpacken
sieht anders aus. Nun mag sich hinter all diesen Vorstößen ein Signal
an die eigene Partei verbergen. AKK will die gekränkten
Wertkonservativen, denen Merkels Kurs zu liberal und zu Mitte-gewandt
war, befrieden. Spätestens nach der haarscharfen Niederlage von
Kontrahent Friedrich Merz ist klar, dass sich Konservative und
Wirtschaftsflügel auch wieder mehr Einfluss verschaffen wollen. AKKs
Aktionen sind der Versuch, weitere Grabenkämpfe zu vermeiden und die
Reihen zu schließen. Doch die Partei ist weit davon entfernt, interne
Personalkämpfe vollständig abzuschließen - auch wenn sie offiziell
längst entschieden sind. Merz ist in Habachtstellung, jederzeit
bereit ein Parteiamt zu übernehmen, wenn es ihm denn hoch genug ist.
Auch die Debatte, ob Wirtschaftsminister Peter Altmaier nun den Hut
nehmen muss oder nicht, schwelt weiter. Nach außen entsteht der
Eindruck, die CDU ist mehr mit ihrem Machtgefüge beschäftigt, als mit
Ideen für die Zukunft. In vier Wochen steht die Europawahl an. Im
Herbst folgen Landtagswahlen in den ostdeutschen Bundesländern
Brandenburg, Sachsen und Thüringen. Bislang sieht es nicht danach
aus, als könnte die CDU verlorene Wähler zurückerobern. In Umfragen
liegt die AfD im Osten weit vorne, teilweise vor der Union. Auch die
Grünen profitieren weiterhin von der Schwäche der Christdemokraten.
AKK ist es bisher nicht gelungen, einen klaren Kurs nach vorne
aufzuzeigen und Lösungswege für politische Probleme zu liefern. Das
merken die Wähler - und strafen es ab. Die Rechnung kommt am
Wahlabend.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell


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