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Rheinische Post: Kommentar: Erdogan ist der Gewinner

Geschrieben am 23-07-2018

Düsseldorf (ots) - Die Affäre um Mesut Özil endet, wie sie
begonnen hat. Mit großer Heuchelei. Einer der besten und bekanntesten
deutschen Fußballprofis erklärt ernsthaft, sein Treffen mit Erdogan
hätte nichts mit Politik zu tun gehabt. Ist Özil wirklich so naiv
oder hält er uns für dumm? Ein Nationalspieler, der kurz vor den
Präsidentschaftswahlen den Sultan vom Bosporus hofiert, ist nicht
privat unterwegs. Bilder sind Worte. Özil huldigte einem
De-Facto-Diktator, der Andersdenkende einsperrt, freie Meinungen
unterdrückt und zwei Jahre lang sein Land im Ausnahmezustand gehalten
hat, um seine persönliche Macht auszubauen. Was sagen eigentlich
Deniz Yücel und Dutzende andere  inhaftierte Journalisten zu
den Äußerungen Özils, deutsche Medien hätten mit ihrer Kritik an
seinem Verhalten "rechte Propaganda" betrieben? Seine Mutter habe ihn
gelehrt, nie zu vergessen, wo er herkomme, sagt Özil. Wer hat
verlangt, dass er seine Herkunft leugnen soll? Man kann sein Land
lieben, seine Familie ehren, seine Heimat wertschätzen und trotzdem
auf Fotos mit einem Politiker wie Erdogan verzichten. Emre Can hat es
ja gezeigt.  Die Türkei ist ein großartiges Land, mit
einzigartiger Kultur und außergewöhnlich gastfreundlichen Bewohnern.
Erdogans Politik bleibt trotzdem das Gegenteil von dem, wofür
liberale Demokratien wie Deutschland einstehen. Die Freiheiten, die
es Özil erlauben, aus seinen begnadeten fußballerischen Fähigkeiten
Wohlstand und Sicherheit zu ziehen, kennen Zehntausende seiner
Landsleute nur vom Hörensagen. Özil fragt, warum er, der in
Deutschland geboren und aufgewachsen ist, nicht als Deutscher
akzeptiert werde. Traurig, wenn er so denkt. Özil wurde gefeiert und
geliebt von Millionen Deutschen. Biodeutschen oder Deutschen mit
Migrationshintergrund. Fans kauften Trikots mit seinem Namen und
horrend teure Eintrittskarten, um seine Pässe zu sehen. Er ist ein
Vorbild für Millionen Türkischstämmige in diesem Land. Ein Volksheld.
Erst das Foto mit Erdogan hat Özil wirklich scharfe öffentliche
Kritik eingebracht. Kann er das nicht einfach akzeptieren? Das gehört
eben in einer freien Gesellschaft dazu. Warum akzeptiert er nicht,
dass unsere demokratischen Werte sich von Erdogans Ansichten
fundamental unterscheiden. Die Reaktion des türkischen
Justizministers, der Özils Erklärung als Angriff auf den
"faschistischen Virus" in Deutschland lobte, zeigt, wer der einzige
Gewinner in dieser Affäre ist: Erdogan und seine Truppe. Infam und
falsch ist die Aussage, deutsche Medien hätten Özils spielerische
Leistungen wegen seiner Herkunft kritisiert. Özil wurde kritisiert,
weil er als prominenter Botschafter Deutschlands einem zwielichtigen
Autokraten geholfen hat. Später wurde er für seine lieblose
Spielweise kritisiert. So wie jeder andere Nationalspieler auch. Özil
stand im Fokus, weil bei ihm das Missverhältnis zwischen Leistung und
Potenzial so krass war. Das Erdogan-Foto und seine WM-Leistungen sind
zwei völlig unterschiedliche Dinge.   Eine Bitte. Können
wir uns in diesem Land mal darauf einigen, dass nicht jede Kritik an
einem Menschen mit Migrationshintergrund Rassismus ist. Wann versteht
das die politische Linke, die sich reflexartig echauffierte und genau
das Spiel betreibt, das Erdogan will: die türkische Gemeinde
aufzuhetzen. Die SPD-Politiker Barley und Schäfer-Gümbel fallen
darauf herein und hauen jedem Özil-Kritiker die Rassimus-Keule um die
Ohren. Sicher: Auch über die Rolle des Präsidenten-Darstellers
Grindel und des (Selbst-)-Vermarktungskünstlers  Bierhoff wird
zu diskutieren sein. Aber jetzt gerade geht es um Özils Erklärung.
Und die wimmelt nur so von falschen Behauptungen und Unterstellungen.
Ein Satz ist allerdings richtig. Der letzte: "Rassismus sollte
niemals akzeptiert werden." Stimmt. Der Kampf gegen den Rassismus
muss geführt werden. In Schulen und Kitas, in Betriebskantinen und
Konferenzen. Täglich. Immer wieder. Nur wen meint Özil? Ich
akzeptiere Rassismus nicht. Die Rheinische Post auch nicht. Die
deutschen Medien auch nicht. Auch der DFB nicht. Es gibt aber
mindestens einen lupenreinen Rassisten, der Minderheiten unterdrückt
und verfolgen lässt. Kurden, Christen, Homosexuelle. Er heißt
Erdogan.



Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2621

Original-Content von: Rheinische Post, übermittelt durch news aktuell


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