(Registrieren)

Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel "Die tapfere Frau Kohnen" zum Landesparteitag der SPD in Weiden von Christine Schröpf

Geschrieben am 17-06-2018

Regensburg (ots) - Rekordtiefs in Umfragen zur Landtagswahl, kein
Rückenwind aus der Bundes-SPD, Wählerverluste an die AfD - und jetzt
noch die Koalitionskrise in Berlin, angefacht von einer CSU, die den
Genossen bereits seit Jahrzehnten im Freistaat die Tour vermasselt:
Es sind extrem harte Zeiten auch nach Maßstäben der ohnehin höchst
leidensfähigen bayerischen Genossen. Spitzenkandidatin Natascha
Kohnen droht am 14. Oktober eine womöglich historisch hohe Niederlage
- inklusive der Schmach, von der AfD überholt zu werden. Die Sorgen
der CSU, die sich derzeit bei Werten knapp über 40 Prozent
eingependelt hat, nehmen sich vor diesem Hintergrund fast wie Luxus
aus. Umso beachtlicher ist, dass die SPD in dieser extremen Lage
nicht in Schnappatmung verfällt und unbeirrt Kurs hält. Zur
politischen DNA der Partei gehört der Kampf für die Schwächsten und
klare Kante gegen Fremdenfeindlichkeit. Daran hält die Partei fest,
auch wenn diese Überzeugungen aktuell nicht am höchsten in Kurs
stehen und womöglich den Tiefflug eher beschleunigen - mit all seinen
bitteren Konsequenzen: Im Herbst stehen für die SPD eine Reihe von
Landtagsmandaten auf dem Spiel. Der Wahl-Parteitag in Weiden brachte
den dringend benötigten Motivationsschub. Die Delegierten stärkten
die tapfere Kohnen, die in den nächsten knapp 120 Tagen den
Wahlkampf-Karren zieht. Die SPD-Spitzenkandidatin revanchierte sich,
indem sie die CSU mit genau der Leidenschaft abwatschte, die sich die
Basis von ihrer Frontfrau wünscht. Kohnen warf dafür ihre freiwillige
Selbstverpflichtung über Bord, sich nicht an der CSU abzuarbeiten. Im
Zorn über den Asylkurs der CSU brach ein Damm. 61 000 SPD-Mitglieder
erhielten von ihr den Marschbefehl, bis zum Wahltag ununterbrochen zu
kämpfen. Im Flächenland Bayern, bei derzeit in Umfragen fast 30
Prozent Abstand zur CSU, ist es ein Heer von überschaubarer Größe.
Die SPD setzt auf unfreiwillige Assistenz der bayerischen
Regierungspartei. Kohnen hofft, dass die CSU mit ihrem Fischen am
rechten Rand wenig bis nichts gewinnt und in der politischen Mitte
Platz für die SPD macht. Konservative Wähler, die in der
Flüchtlingspolitik Vokabular wie "Asyl-Tourismus" oder
"Abschiebe-Industrie" zutiefst empört, sollen sich der SPD zuneigen.
Nun ist die Analyse richtig, dass die CSU mit ihrer
Flüchtlingspolitik einen Teil des eigenen Klientels nachhaltig
verprellt. Es fehlen aber bisher Indizien, dass politisch Heimatlose
in großem Maß auf die SPD zusteuern. Schon bei der Bundestagswahl war
zu beobachten, dass die SPD Stimmen an die AfD einbüßt. Kohnen ist
das schmerzlich bewusst: Auch in der SPD-Stammwählerschaft hat die
Offenheit gegenüber Migranten eine Grenze erreicht. Die bayerische
SPD ist kampfbereit. Kohnen ist kompetent und integer. Doch die
politische Debatte wird in diesen aufgeregten politischen Zeiten von
Anderen dominiert. Die SPD konnte sich diesem Sog auch am Wochenende
nicht entziehen. Sofern trotz Fußball-WM noch Aufmerksamkeit für die
Politik blieb, richtete sie sich auf den Machtkampf zwischen CSU-Chef
Horst Seehofer und CDU-Chefin Angela Merkel. Beim Streitthema - dem
Zurückweisen von Flüchtlingen bereits an der Grenze - ist die SPD auf
Kanzlerinnenkurs. Sollte es der CSU gelingen, Merkel zu bezwingen,
würde sie im nächsten Schritt beim Berliner Koalitionspartner SPD
gegen die Wand laufen. Die SPD stünde dann selbst vor der
Entscheidung, ob sie im Zweifel von diesem Punkt ein Scheitern der
GroKo abhängig macht. Kohnen entscheidet als stellvertretende
Bundesvorsitzende mit. Die bayerische SPD, die sich so gerne auf die
schwere Landtagswahl konzentrieren würde, kämpft derzeit an sehr
vielen Fronten.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

642622

weitere Artikel:
  • Frankfurter Rundschau: Seehofer und seine Vasallen Frankfurt (ots) - Ginge es nach der Stimmungslage der Hauptdarsteller - die CSU hätte längst die Bundesregierung verlassen. Parteichef Horst Seehofer lässt durchsickern, er könne mit "der Frau", also Angela Merkel, nicht mehr arbeiten. Das beruht sicher auf Gegenseitigkeit. Aber Stimmung ist nicht alles. Während Seehofer und seine Vasallen ohne Rücksicht auf Deutschland und Europa daran arbeiten, mit möglichst radikaler Flüchtlingsabwehr ihre Regionalwahl zu gewinnen, sucht die Kanzlerin fieberhaft nach einer "europäischen Lösung". mehr...

  • BR Fernsehen: Münchner Runde extra / Montag, 18.06.2018, 19.00-19.30 Uhr / Asylstreit: CSU setzt Merkel unter Zugzwang / Horst Seehofer im Interview München (ots) - Der Streit über den Umgang mit bereits registrierten Flüchtlingen an der deutschen Grenze zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesinnenminister Horst Seehofer kann sich zu einer handfesten Regierungskrise zuspitzen. Das BR Fernsehen zeigt aus diesem Anlass am Montag, 18. Juni 2018, um 19 Uhr eine Münchner Runde extra. BR-Chefredakteur Christian Nitsche interviewt Horst Seehofer und stellt ihm die drängendsten Fragen im Asylstreit der Schwesterparteien. Gast: Horst Seehofer, Bundesinnenminister und Vorsitzender mehr...

  • Straubinger Tagblatt: BND - Große Lücken bei der Überwachung Straubing (ots) - Die neuen Vorwürfe gegen den Bundesnachrichtendienst müssen aufgeklärt werden. Insbesondere ist der Frage nachzugehen, ob auch weiterhin Freunde und Partner belauscht werden. Das neue BND-Gesetz sollte das eigentlich ausschließen. Doch es gibt bei der Überwachung große Lücken. Vor der Neuregelung konnte der Dienst nach eigenem Gutdünken seine Ziele aussuchen, heute muss er beim Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestags um Erlaubnis bitten. Um die zu erhalten, müssen die Agenten jedoch nur die Informationen mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): NRW-Wirtschaftsminister: Drittes Entfesselungspaket noch vor der Sommerpause Bielefeld (ots) - Bielefeld. NRW-Wirtschaftsminister hat angekündigt, dass er dem Landeskabinett noch vor der Sommerpause sein drittes "Entfesselungspaket" zur Stärkung der nordrhein-westfälischen Wirtschaft zur Entscheidung vorlegen will. Wie der FDP-Politiker im Gespräch mit der In Bielefeld erscheinenden "Neuen Westfälischen" (Montagsausgabe) sagte, werde es dabei vor allem um eine Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren für den Bau und die Erweiterung von Industrieanlagen gehen. Unter anderem sollen bei der Planung mehr...

  • neues deutschland: Europarechtler Jürgen Bast: Seehofers Forderung verstößt gegen Dublin-Verordnung Berlin (ots) - Nach Ansicht des Europarechtlers Jürgen Bast von der Universität Gießen verstößt die unter anderem von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) geforderte Zurückweisung von Geflüchteten an der deutschen Grenze, die bereits in anderen EU-Ländern registriert sind, gegen EU-Recht. "Wenn Deutschland Menschen an der Grenze zurückweist, die einen Asylantrag stellen wollen, dann verstößt das gegen die Dublin-Verordnung", sagte Bast der in Berlin erscheinenden Tageszeitung "neues deutschland" (Montagsausgabe). "Dieses europäische mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht