(Registrieren)

Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zu Merkel

Geschrieben am 28-07-2016

Regensburg (ots) - Merkel macht "weiter so"

von Reinhard Zweigler, MZ

Politik sei das starke, langsame Bohren harter Bretter mit
Leidenschaft und Augenmaß, meinte einst der Soziologe Max Weber.
Angela Merkel hat sich auf ihrer, wegen der Terrorakte vorverlegten
Sommerpressekonferenz als Meisterin im Bohren von Hartholz gezeigt.
Sie geht die Fragen, Sorgen und Ängste der Menschen in diesen
bewegten Tagen mit Augenmaß, vor allem kühl analytisch an.
Leidenschaft freilich lässt die Physikerin der Macht leider
vermissen. Angela Merkel gibt die Beschwichtigungskanzlerin. Vieles,
was sie sagt, ist richtig und logisch, doch ob sie mit ihrer
rationalen Art auch die Empfindungen, die Herzen der arg
verunsicherten Bürger erreicht, steht auf einem anderen Blatt. Dabei
lässt es die Frau aus der Uckermark selbstverständlich nicht kalt,
was in den vergangenen Tagen im Lande, vor allem im Freistaat Bayern,
alles an Schrecklichem geschah. Es gab die Morde eines offenbar
rassistischen Amokläufers in München sowie die islamistischen
Anschläge von Würzburg und Ansbach. Es gab Tote und Verletzte. Doch
Merkel lässt sich davon nicht in ihren Grundwerten, nicht in der
Grundrichtung ihrer Politik beirren. Selbst den Satz "Wir schaffen
das!", den sie elf Monate zuvor unter dem Eindruck des anschwellenden
Flüchtlingsstroms prägte, nimmt Merkel nun nicht zurück. Sie hatte
ihn als Ausdruck zum Mutmachen gesagt, als Gegensatz zum
resignierenden: Wir schaffen das sowieso nicht. Wer von Merkel
gestern eine Abkehr von ihrer bisherigen Flüchtlingspolitik oder auch
nur das Eingeständnis von politischen Fehlern erwartet hatte,
verkennt das Naturell der Kanzlerin, aber auch die Dimension der
jetzigen Probleme. In der globalisierten, digital vernetzten Welt ist
es nicht mehr wie zu Goethes Zeiten. Seinerzeit konnte man sich in
Mitteleuropa trefflich und weitgehend folgenlos darüber unterhalten,
wenn die Völker im Nahen Osten aufeinander einschlugen. Heute stehen
die Kriegsflüchtlinge vor den Türen der reichen Länder. Auch das ist
eine Folge der Globalisierung. Ein Schlagwort, das sonst nur schwer
zu verstehen ist und von vielen auch nur auf die Wirtschaft
angewendet wird. Ein Trugschluss. Krisen und Kriege in anderen Teilen
der Welt schlagen auch auf bislang davon weitgehend unberührte Länder
zurück. Deutschland ist für viele Kriegsflüchtlinge das Land ihrer
Träume. Dabei kann selbst das im Vergleich mit vielen anderen Ländern
der Erde wohlhabende Deutschland nicht die gesamte Not der Welt
schultern. Es kann nicht sämtliche Flüchtlinge aufnehmen. Gegen die
Attentate zweier, offenbar islamistisch indoktrinierter junger Männer
setzt Merkel ihre Überzeugung, dass nicht nur deren Taten aufgeklärt
und ihre Hintermänner dingfest gemacht werden, sondern auch die
weitere Aufrüstung des Staates gegen Terror, gegen politische und
religiöse Extremisten. Die Betonung liegt auf "weitere". Denn der
Staat hat seine Instrumente gegen diese Bedrohungen bereits
geschärft. Aber nun hat sich gezeigt, dass es noch Lücken gibt, etwa
in anonymen Bereichen des Internets, in denen sich Terroristen
tummeln, in denen Amokläufer Waffen ordern und sich mit ihresgleichen
austauschen können. Richtig ist, das eine wirksamere Terrorbekämpfung
und -prävention mehr Polizisten, eine bessere Ausrüstung und
Kommunikationstechnik auf höchstem Niveau benötigt. Gebraucht werden
vor allem Spezialisten, die im Internet Kriminelle herausfiltern,
bevor sie zuschlagen. Freilich gehört dazu auch, dass die Bundeswehr
bei besonders dramatischen Terrorlagen, wie sie das Land noch nicht
erlebt hat, gemeinsam mit der Polizei ihre spezifischen Mittel zum
Schutz der Bevölkerung einsetzt.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

595919

weitere Artikel:
  • Rheinische Post: Kommentar / Problemkonzern VW = Von Reinhard Kowalewsky Düsseldorf (ots) - Für den neuen VW-Chef Matthias Müller kann es nur eine kleine Erleichterung sein, dass der Konzern im ersten Halbjahr wieder mehr Autos als Toyota verkaufte: Die Dieselaffäre belastet Image und Gewinne weiter - noch gestern kündigte ein US-Pensionsfonds eine neue Klage an. In den USA, dem mit China wichtigsten Automarkt der Welt, bleibt VW schwach aufgestellt. Da ist es nur ein kleiner Trost, dass billiges Geld in Europa die Kauflust der Bürger ankurbelt. Die zu niedrigen Gewinne beim Kerngeschäft unter der Marke mehr...

  • NOZ: NOZ: Niedersachsens Landtagspräsident Busemann für Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit Türkei Osnabrück (ots) - Niedersachsens Landtagspräsident Busemann für Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit Türkei "Zu weit weg von den Minimalansprüchen der europäischen Wertegemeinschaft" - Mehr Polizeipräsenz im Land gefordert Osnabrück. Niedersachsens Landtagspräsident Bernd Busemann fordert ein Ende der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. "Die Türkei ist so weit weg von den Minimalansprüchen der europäischen Wertegemeinschaft, dass es zurzeit keinen Sinn mehr macht, Beitrittsverhandlungen fortzusetzen", sagte der mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): medien-info: Ex-Bundesliga-Trainer Neururer: "Transfermsrkt am Rande der Perversion" Bielefeld (ots) - Ex-Bundesliga-Trainer Peter Neururer macht sich große Sorgen um die Entwicklung des Profifußballs. "Das was heute am Transfermarkt lost ist, das ist schon am Rande der Perversion", sagte Neururer der in Bielefeld erscheinenden Neuen Westfälischen (Samstagausgabe). Auch die hohen TV-Gelder und die zahlreichen Marketing-Kampagnen sind dem 61-Jährigen ein Dorn im Auge. "Wenn alles nur noch über Vermarktung läuft, dann stirbt der Fußball." Pressekontakt: Neue Westfälische News Desk Telefon: 0521 555 271 nachrichten@neue-westfaelische.de mehr...

  • Rheinische Post: Türkische Generalkonsulin Sule Gürel sichert NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft eine friedliche Pro-Erdogan-Demonstration in Köln zu Düsseldorf (ots) - Die türkische Generalkonsulin von Düsseldorf, Sule Gürel, hat versichert, dass die Organisatoren der Pro-Erdogan-Demonstration in Köln alles tun werden, um eine friedliche Veranstaltung zu garantieren. "Es gibt keinen Grund, Gewalt zu befürchten", sagte die türkische Diplomatin der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Samstagausgabe). Sie habe mit der Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft, telefoniert, um ihr das zu versichern. Gürel: "Diese Demonstration ist eine Stimme der Demokratie mehr...

  • Rheinische Post: Noch in diesem Jahr erste Anti-Terrorübung mit der Bundeswehr im Innern Düsseldorf (ots) - Bereits innerhalb der nächsten fünf Monate wird die Bundeswehr ihren Einsatz im Innern erproben. "Noch in diesem Jahr sollte es eine erste Stabsübung geben, bei der die Bundeswehr in die Terrorabwehr eingebunden wird und wir Erfahrungen damit sammeln können", sagte der Chef der Innenministerkonferenz (IMK), der CDU-Politiker Klaus Bouillon, der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Samstagausgabe). An den Übungen wollten sich das Saarland, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt beteiligen. "Hätte es in München mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht