Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Jochen Wittmann zu Großbritannien/Boris Johnson
Geschrieben am 14-07-2016 |   
 
 Regensburg (ots) - Genau auf diese Schlagzeile wird es ihr  
angekommen sein: "May bringt die Brexiteers herein" jubelte die  
Titelseite des "Daily Telegraph" am Donnerstag. Die euroskeptische  
Presse feiert die Kabinettsumbildung der neuen Premierministerin  
Theresa May als einen klaren Schritt in Richtung harter Brexit.  
Immerhin hatte May noch in der Nacht zum Donnerstag überraschend drei 
zentrale Brexit-Befürworter zu Kabinettsmitgliedern gemacht: Liam Fox 
wird Minister des neu geschaffenen Ressorts für internationalen  
Handel. David Davis soll künftig als "Brexit-Minister" das  
Klein-Klein der Verhandlungen mit der Europäischen Union überwachen.  
Und der große Paukenschlag der Regierungsbildung: Boris Johnson wird  
Außenminister. Der Kontinent reibt sich die Augen. Was? Boris Johnson 
soll jetzt der höchste Repräsentant Großbritanniens auf der Weltbühne 
werden? Ausgerechnet der Mann, der nach den Worten von seinem  
künftigen Amtskollegen Frank-Walter Steinmeier zuerst die Briten in  
den Brexit gelockt hat, sich dann aus der Verantwortung stahl und  
lieber Cricket spielen ging? Ausgerechnet der Mann, der ein ums  
andere Mal mit unpassenden bis beleidigenden Äußerungen in ein  
Fettnäpfchen nach dem anderen trat? Ausgerechnet der Mann, der als  
Polit-Clown gilt und noch nie ein Ministeramt bekleidete, soll jetzt  
als seriöser Staatsmann bei den Brexit-Verhandlungen ernst genommen  
werden? Die Personalie wird verständlicher, wenn man sich Johnson  
etwas näher anschaut. Der 52-Jährige - Markenzeichen: weißblonder,  
verwuschelter Haarschopf und zerknitterte Anzüge - verfügt über ein  
politisches Kapital wie niemand sonst im Land, denn er mag vieles  
sein, aber eines ganz besonders: Er ist populär. Jedermann kennt ihn  
beim Vornamen. Die meisten Briten mögen ihn, auch wenn sie in der  
Sache mit ihm nicht übereinstimmen würden. Sein Biograf Andrew  
Grimson urteilte über ihn: "Johnson hat eine Begabung, die man in der 
Politik kaum je antrifft: Er macht den Menschen bessere Laune. Selbst 
die Leute, die ihn nicht gewählt haben, fangen an zu lächeln." Indem  
ihn Theresa May auf einem Spitzenposten im Kabinett installiert,  
profitiert sie selbst von Johnsons Popularität, umso mehr als sie  
sich selbst damit als Versöhnerin präsentieren kann. Außerdem ist  
Johnson nicht ganz ohne Regierungserfahrung, denn er hat zwei  
Amtszeiten als Londoner Bürgermeister hinter sich. Mit dem größten  
persönlichen Mandat des Königreichs im Rücken - zuletzt wählten ihn 1 
054 811 Bürger ins Amt - leitete er acht Jahre lang die Geschicke der 
Millionenmetropole. Eine Episode, die sich 2012 während der  
Olympischen Spiele in London ereignete, illustriert das  
Boris-Phänomen ziemlich gut: Johnson wollte eine 320 Meter lange  
Seilbrücke im Victoria-Park einweihen. Setzte sich einen etwas  
lächerlich aussehenden blauen Schutzhelm auf, hängte sich mit  
Karabinerhaken an den Stahldraht und rutschte los. Blieb auf dem  
letzten Drittel hängen und baumelte in sechs Metern Höhe am Seil. Man 
sollte meinen, jetzt wäre er hilflos der Lächerlichkeit preisgegeben. 
Nicht so Boris. Der Bürgermeister wedelte begeistert mit zwei  
britischen Fähnchen und hielt eine launige Rede: "Alles bestens  
organisiert", schrie er, "holt mir eine Leiter!" Die Leute im Park  
lachten sich scheckig, aber nicht über, sondern mit ihm. Und der Rest 
des Landes freute sich, dass Boris einmal wieder zur Heiterkeit der  
Nation beitrug. Genau dieses Bild, wie Boris hilflos am Seil hängt,  
wurde nach Johnsons Rückzug aus dem Rennen um David Camerons  
Nachfolge von einer französischen Zeitung abgedruckt, um zu  
illustrieren, wie lächerlich dieser Clown sei. Doch die Briten sehen  
das anders. 
 
 
 
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